Kanzlei Bischof

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Das Fachgespräch in der praktischen Notfallsanitäterprüfung

Sowohl bei der Ergänzungsprüfung für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter als auch bei der Vollprüfung („Staatsexamen“) ist vorgesehen, dass jedes Fallbeispiel durch ein Fachgespräch ergänzt wird. In dem Fachgespräch soll der Prüfling sein Handeln erläutern und begründen sowie die Prüfungssituation reflektieren (§ 17 Abs. 3 NotSan-APrV). Dies gilt auch bei der Ergänzungsprüfung (§ 19 Abs. 1 NotSan-APrV).

Zeitrahmen insgesamt maximal 40 Minuten

Das Fachgespräch gehört also verpflichtend zu jedem Fallbeispiel der praktischen Prüfung. Der gesamte Zeitrahmen für jedes Fallbeispiel, inkl. Dokumentation und Fachgespräch, beträgt zwischen 20 und 40 Minuten (§ 17 Abs. 5 NotSan-APrV).

In der Praxis ist die Ausgestaltung dieses Fachgesprächs höchst unterschiedlich.

Teilweise wird das Fachgespräch dazu genutzt, dem Prüfling umfassende Fragen zu stellen, die deutlich abseits des eigentlichen Fallbeispiels liegen. So sind mir Prüfungsdokumentationen bekannt, in denen der Prüfling umfangreich über Details der Pharmakologie von Medikamenten befragt wurde, welche im Fallbeispiel irrelevant waren. Es handelte sich faktisch um eine weitere mündliche Prüfung.

Gerade dies ist aber nicht vorgesehen.

Fachgespräch soll keine mündliche Prüfung sein

Wie der Begründung der Notfallsanitäter-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (NotSanAPrV) zu entnehmen ist, soll das Fachgespräch die Übungskünstlichkeit der Prüfungssituation ausgleichen. Der Prüfling soll Gelegenheit erhalten, nachzuweisen, dass er in der Lage ist, sein Handeln auf andere Fallkonstellationen zu übertragen, sein Handeln zu begründen und Reflektiosnfähigkeit zu zeigen (Bundesrats-Drucksache 728/13, Seite 49). Ausdrücklich weist die Gesetzesbegründung daraufhin: Es ist allerdings darauf zu achten, dass die Nachfragen der prüfenden Personen nicht zur Situation einer weiteren mündlichen Prüfung führen.

Der Übergang zwischen einem Fachgespräch und einer mündlichen Prüfung kann fließend sein. Spätestens wenn vom Prüfling aber fernliegende Fragen auf hohem Niveau beantwortet werden sollen, wird die Schwelle des von der Ausbildung- und Prüfungsordnung vorgesehen, überschritten sein. Es leigt dann eine (weitere) mündliche prüfung vor, die gesetzlich nicht vorgesehen ist.

Damit kann dann eine Fehlerhaftigkeit der Prüfung vorliegen, die -unabhängig von der gezeigten Leistungen- jedenfalls zur Angreifbarkeit eines Bescheides über das Nicht-Bestehen führen kann.

Rechtliche Probleme bei der Notfallsanitäter-Prüfung oder im Rettungsdienst allgemein? Nehmen Sie gerne Kontakt auf!

Beratungshilfe?

Natürlich übernehme ich auch Mandate auf der Basis von Beratungshilfe. Zum einen bin ich dazu rechtlich verpflichtet, zum anderen halte ich es im Sinne eines sozialen Kitts in der Gesellschaft für notwendig, sich auch für wirtschaftliche Schwächere einzusetzen.

Allerdings: Entsprechende Mandantinnen und Mandanten müssen den Beratungshilfeschein selbst beantragen und zum ersten Termin mitbringen.

Mit den entsprechenden Unterlagen (Personalausweis, Einkommensnachweise, ggf. Schriftwechsel) ist das oftmals problemlos beim zuständigen Amtsgericht in einem persönlichen Termin möglich. Die Beantragung von Beratungshilfe durch mich für den Mandanten führt hingegen leider oftmals zu einem wochen- bis monatelangem Schriftwechsel mit dem Gericht.

Ein Beispiel:

Herr M erscheint und wünscht die Übernahme einer Sache gegen seine Pflegeversicherung. Herr M. ist mittelos und habe schon einen Beratungshilfeschein, diesen aber zu Hause vergessen. Ich zweifele kurz, glaube aber Herrn M und dieser sagt zu, den Beratungshilfeschein kurzfristig hereinzubringen. Fristwahrend lege ich also schonmal Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse ein.

Am nächsten Morgen ist ein Umschlag von Herrn M. im Briefkasten. Leider kein Beratungshilfeschein, sondern ein Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe. In einer anderen Handschrift ist dort ein gerichtliches Aktenzeichen eingetragen. Auf telefonische Nachfrage teilt Herr M mit, dass Gericht habe ihm das so gegeben, das müsse der Anwalt einreichen.

Das ist so halb richtig, denn a) muss ich den Antrag nicht einreichen, vgl. § 16a Abs. 2 BORA und b) hätte das Gericht grundsätzlich auch gleich den Bewilligungsschein erteilen können und Herrn M nicht lediglich ein Antrags-Formular überreichen können.

Ich sende dieses Formular dann kommentarlos an das Amtsgericht am 2. Juni.

Schon zehn Tage später, das ist tatsächlich relativ zügig, fragt das Gericht schriftlich nach, wann ich die Tätigkeit für Herrn M denn aufgenommen habe. Hintergrund: Nach § 6 Abs. 2 Beratungshilfegesetz l muss der Antrag spätestens vier Wochen nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt werden, sonst gibt es kein Geld mehr vom Staat. Also eine erste kritische Nachfrage durch das Gericht, ob der Anspruch überhaupt besteht. Ich antworte noch am selben Tag, dem 12. Juni.

Zehn Tage später, am 22. Juni, hat das Gericht ein neues Schreiben und eine neue Frage: Worum geht es eigentlich? Die Angabe in dem Antrag „Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse vom ….“ sei doch zu pauschal und aus dem in Kopie beigelegten Bescheid der Pflegekasse könne man keine Fehler erkennen. Eine Antwort habe innerhalb von 2 Wochen zu folgen, sonst würde der Antrag abgelehnt.

Nun ja, in den Bescheiden der Pflegekasse steht relativ selten so etwas wie „Den zugrundegelegten Hilfebedarf haben wir unter Mitwirkung des MDK so niedrig angesetzt, dass sie keine Leistungen erhalten. Das machen wir so, weil wir gerne das Geld sparen und viele Menschen keinen Widerspruch einlegen“

Ich lasse mir etwas mehr Zeit und teile dem Gericht am 1. Juli konkrete Bedenken gegen den Bescheid mit. Nur zur Klarstellung: Wir befinden uns in dem Verfahren um die Bewilligung von Beratungshilfe. Also bei der Frage, ob ich aus der Staatskasse eine Vergütung für die Tätigkeit zugunsten des Herrn M bekomme.

Dann ist Schweigen im Walde, keine Bewilligung, keine Nachfrage. Also frage ich am 7. August, also nach 6 Wochen, mal nach, was die Sache macht.

2 Wochen später schreibt mir die Rechtspflegerin, sie benötige für die Bewilligung der Beratungshilfe die Widerspruchsbegründung. Wenn diese nicht innerhalb von 2 Wochen vorliegt, gehe sie von einer Rücknahme des Widerspruchs aus.

Mir platzt der Kragen und ich schreibe am 21. August dem Gericht:

 

1.

Eine Widerspruchsbegründung liegt nicht vor. Die Gewährung der Beratungshilfe soll gerade die Kostendeckung für die Begründung des Widerspruchs sicherstellen. Ich werde die Widerspruchsbegründung also erst fertigen, wenn eine Entscheidung über die Beratungshilfe vorliegt.

Inhaltlich darf ich auf mein Schreiben vom 1. Juli hinsichtlich konkreter Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides hinweisen.

Bewertungsmaßstab dürfte hier die Frage sein, ob die Inanspruchnahme der Beratungshilfe mutwillig erscheint (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG) . Dies ist nach hiesiger Auffassung nicht ansatzweise erkennbar.

2.

Für den Antragsteller erfolgt klarstellend der Hinweis,  dass von einer Rücknahme des Antrags nicht auszugehen ist.

Die Angelegenheit wird von hier aus als ausgeschrieben betrachtet, ich bitte um Entscheidung.

Dann passiert etwas Unerwartetes: Eine gute Woche später, am 29. August, habe ich tatsächlich den Beratungshilfe-Schein in der Post. Nunmehr, nachdem ich fast 3 Monate lang mit Gericht geschrieben habe, damit mein mitteloser Mandat Beratungshilfe bekommt.

Immerhin werde ich für die gesamte Tätigkeit, also einschließlich der Führung des Widerspruchsverfahrens, nahezu „fürstlich“ entlohnt werden. Die Staatskasse zahlt ganze 121,38 €. Vom (mittelosen) Mandanten kann ich einen Eigenanteil von 15 € kassieren, macht insgesamt 136,38 €. Zum Vergleich: Hätte Herr M mich als Selbstzahler beauftragt, wären bei einer Standardabrechnung gemäß  Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) schon Kosten von 380,80 € entstanden.

Aus der Staatskasse erhalte ich also nur ein gutes Drittel der gesetzlichen Vergütung. Wahrscheinlich, weil die wochenlange Korrespondenz mit dem Gericht um die Bewilligung der Beratungshilfe nahezu vergnügungssteuerpflichtig ist.

Deshalb: Beratungshilfe: ja, bitte. Aber nur, wenn sie einen entsprechenden Berechtigungsschein zum ersten Termin bei mir mitbringen.

Einen Beratungshilfesschein erkennen Sie übrigens daran, dass groß „Bewilligung“ oder „Berechtigungsschein“ drüber steht. Wenn Sie ein Formular mit der Überschrift „Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe“ erhalten, ist das eben nur das Antragsformular.

Kategorie: Allgemein ·Pflegerecht | von: Guido C. Bischof
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Notfallsanitäter-Ergänzungsprüfung: Nur zwei Prüfer in der mündlichen Prüfung?

Ich wurde in meiner mündlichen Ergänzungsprüfung nur durch zwei Prüfer geprüft? War das richtig?

Grundsätzlich muss der mündliche Teil der Ergänzungsprüfung von mindestens zwei Fachprüferinnen oder- prüfern abgenommen werden (§ 18 Abs. 3 Satz 1 NotSan-APrV). Einer dieser Prüfer muss jedoch Ärztin bzw. Arzt mit der Zusatzweiterbildung „Notfallmedizin“ sein (§ 16 Abs. 4 Satz 1 NotSan-APrV). Ferner müssen unter den Prüfern der mündlichen Prüfung zwei Lehrkräfte sein, die an der Schule unterrichten (§ 16 Abs. 4 Nr. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 3 NotSan-APrV).

Eine mündliche Ergänzungsprüfung zum Notfallsanitäter mit nur zwei Prüfern ist also möglich, wenn beide Prüfer Lehrkräfte an der Schule sind und mindestens einer davon Ärztin bzw. Arzt mit der Zusatzweiterbildung „Notfallmedizin“.

Nicht zu verwechseln ist das natürlich mit der Frage, wer überhaupt dem Prüfungsausschuss angehören muss. Zu grundsätzlichen rechtlichen Fragen rund um die (nicht bestandene) Notfallsanitäter-Prüfung darf ich auf meinen Artikel „Notfallsanitäter-Prüfung nicht bestanden: Widerspruch oder nicht?“ hinweisen.

 

Geburtstagsfeier oder: Sichere Kapitalanlage mit 4,12 % Verzinsung

Heute feiern wir in der Kanzlei ein wenig. Der Kostenfestsetzungsantrag (KFA) in der Sache der Frau S. wird nämlich ein Jahr alt.

Der Hauptakteur ist (natürlich) nicht da, der muss seinen Geburtstag in den Räumen des Sozialgerichts ein paar Dutzend Kilometer weiter verbringen. Obwohl, so ganz stimmt das nicht, er ist nämlich wohl verreist, aber dazu später mehr. Auf diesem Weg meine herzlichen Glückwünsche, kleiner KFA, ich hoffe Du kannst mit ein paar Kollegen (?) ein wenig feiern.

Aber langsam: Was ist eigentlich ein Kostenfestsetzungsantrag? Wenn man ein Gerichtsverfahren erfoglreich abgeschlossen hat, hat der Kläger, oder hier die Klägerin, nämlich Frau S., Anspruch auf Erstattung seiner Kosten. Die meldet der Anwalt dann durch einen Kostenfestsetzungsantrag (KFA) beim Gericht an. Das Gericht prüft dann die Kosten und setzt diese fest. Mit dem folgenden Kostenfestsetzungsbeschluss (KFB) kann man dann den Gegner zur Zahlung auffordern, im dümmsten Fall auch die Zwangsvollstreckung betreiben.

So ein KFA braucht üblicherweise gar nicht so lange, bis er zum KFB wird. Grob gepeilt 2 Monate muss man hier üblicherweise  einplanen. Da das Gericht unter anderem auch den Gegner fragt, was er von dem Antrag hält, passt das schon. Aber in der Sache der Frau S., das war so ein Mandat, da steckt irgendwie der Wurm drin.

Die Pflegestufe wurde (ja damals hieß das noch nicht Pflegegrad) abgelehnt. Das Widerspruchsverfahren hat die Krankenkasse, die hier als Pflegekasse hantiert, ewig lange liegen gelassen. Ich habe dann nach erster höflicher Anfrage bei der Pflegekasse eine Untätigkeitsklage für Frau S. eingereicht. Das ist ein Rechtsmittel, welches man verwenden kann, wenn eine Behörde einen Antrag oder einen Widerspruch nicht zeitig bearbeitet.

Relativ zügig kam dann auch der ablehnende Widerspruchsbescheid. Im Verfahren der Untätigkeitsklage entschied das Gericht schonmal, das die Pflegekasse die Kosten des Verfahrens tragen muss. Immerhin. Das zwischendurch diese „Kostengrundentscheidung“ trotz meines Antrags vergessen wurde und ein paar Wochen länger auf sich warten ließ, war nur ein kurzes Vorspiel. Das ist aber eben nur die sogenannte Kostengrundentscheidung, dadurch weiß man noch nicht, in welcher Höhe die Kosten übernommen werden. Deswegen muss noch ein KFA folgen.

Eigentlich war dieser KFA auch recht schnell gestellt. Aber: Zwischenzeitlich hatte ich gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid Klage eingereicht und das Gericht war nun der Auffassung, es brauche die Verfahrensakte der Untätigkeitsklage, um die neue eingereichte Klage gegen die Versagung der Pflegestufe bearbeiten zu können. Wieso, ist mir offen gesagt nicht ganz klar, denn so spannend war die Untätigkeitsklage nicht.

Dann gibt es aber natürlich einen Haken: Wenn nämlich die Verfahrensakte der Untätigkeitsklage jetzt ganz woanders ist, nämlich bei der Akte des Hauptsache-Verfahrens, also so zwischen einem und zwölf Zimmern weiter im Gericht, kann das Gericht, also am ehesten der bearbeitenden Rechtspfleger, natürlich nicht den Kostenfestsetzungsantrag bearbeiten. Von Aktenkopien oder gar digitaler Aktenführung hält man in der Justiz noch nicht ganz so viel.

Immerhin, als ich dann nach einigen Monaten höflich nachfragte, was denn mein KFA so mache, forderte der Sachbearbeiter die Akte an. Er schrieb also dem Richter (ein bis zwölf Zimmer weiter) einen höflichen Brief und bat um Rückgabe der Akte. Leider benötigte der Richter die Akte noch, sie war „nicht abkömmlich“. Ich ging etwas naiv davon aus, dass die Akte dem Rechtspfleger dann bei „Abkömmlichkeit“ schon vorgelegt und der KFA beschieden würde.

Etwa drei Monate später fragte ich erneut an. Der wackere Sachbearbeiter forderte die Akte erneut an. Diesmal erlebte der KFA aber bereits sein erstes großes Abenteuer: Er war nämlich mit seiner Bruder-Akte vom Hauptsache-Verfahren zu einem Sachverständigen gereist, der meine Mandantin untersuchen sollte. Die Akte war quasi auf einem Familienausflug irgendwo in einer Arztpraxis oder einem Krankenhaus in diesem Land. Folgerichtig konnte der KFA natürlich weiter nicht bearbeitet werden, Sie wissen schon: Aktenkopien oder digitale Aktenführung gibt es nicht…

Und so sitzen wir, bei einem Kaffee und einem guten Stück Kuchen (wenn nicht selbst gebacken, empfehle ich übrigens Auffenberg) und vermissen ein wenig den Hauptakteur der Geburtstagsfeier…

Ach so: Was hat das jetzt mit sicherer Kapitalanlage zu tun? Nun ja Schuldner ist eine Kranken- bzw. Pflegekasse, der ich grundsätzlich Liquidität unterstelle. Die irgendwann mal festgesetzte Summe wird mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Antragseingang verzinst (§ 197 Abs. 1 SGG, § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Zumindest wenn man das beantragt, was ich immerhin getan habe. Bei einem negativem Basiszinssatz  von -0,88% ergibt das immerhin 4,12% Zinsen p.a. Bei nahezu sicherer Anlage dürfte das mehr sein, als man auf dem Kapitalmarkt derzeit rausholen kann. Wenn man dann noch wegen der überlangen Bearbeitungsdauer zwischenzeitlich förmlich eine Verzögerungsrüge einlegt kann man sich (bzw. der Mandantin) einen Bonus von bis zu 100,-€ pro Monat der Verzögerung sichern. So betrachtet, ist das natürlich großartig, wenngleich die praktische Umsetzung der Entschädigungsleistung dann wieder eine andere Baustelle ist.

Kategorie: Allgemein ·Unterhaltung | von: Guido C. Bischof
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Notfallsanitäter-Prüfung nicht bestanden: Widerspruch oder nicht?

Ergänzungsprüfungen und Staatsexamen

Seit 2014 ist das Notfallsanitätergesetz in Kraft. Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten haben –je nach Berufserfahrung und ggf. weiterer Ausbildung- die Möglichkeit entweder eine Ergänzungsprüfung zum Notfallsanitäter abzulegen, oder das vollständige Notfallsanitäter-Staatsexamen („Vollprüfung“) zu absolvieren. Da keine Ausbildung von Rettungsassistenten mehr stattfindet und der Notfallsanitäter in Zukunft die maßgebliche Fachkraft im Rettungsdienst sein wird, hat eine entsprechende Weiterqualifizierung hohe Bedeutung für die weitere Berufstätigkeit.

Zahlreiche Ergänzungsprüfungen und auch Notfallsanitäter-Staatsexamen haben zwischenzeitlich stattgefunden. Leider waren nicht alle Prüflinge erfolgreich. Die Prüfung kann dann einmal wiederholt werden. Gerade Rettungsassistenten die die erste Prüfung nicht bestanden haben, stehen bei ihrer Wiederholungsprüfung unter großem Druck.

 

Wann ist eine Prüfungsanfechtung sinnvoll?

Wer bei der Prüfung durchgefallen ist, empfindet Fallbeispiele oder die mündliche Prüfung  und deren Bewertung oft als „unfair“. Dies alleine reicht aber oftmals nicht zu einer erfolgreichen Prüfungsanfechtung. So dürfen etwa Antworten welche fachlich richtig sind, nicht als falsch gewertet werden. Dies gilt auch, wenn die Antwort von der „Hausmeinung“ der Rettungsdienstschule abweicht. Im Prüfungsrecht wird Prüfern aber ein relativ großer Bewertungsspielraum zugestanden. Die Prüfung alleine inhaltlich anzugreifen ist deswegen oft nicht erfolgreich.

Jedoch finden sich Fehler relativ häufig im formalen Bereich der Prüfung. Hierbei geht es zum Beispiel um die Bestellung des Prüfungsausschusses durch die zuständige Behörde und die Besetzung des Prüfungsausschusses, die Ladung und Zulassung zur Prüfung und den Ablauf der Prüfung selbst. Bei näherer Überlegung sind diese formalen Fehler auch gut nachvollziehbar, da das Notfallsanitäter-Gesetz (NotSanG) und die Notfallsanitäter-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (NotSan-APrV) relativ junge Gesetze sind. Das NotSanG und die NotSan-APrV sind wenig „anwenderfreundlich“. Die Regelungen dort sind teilweise schwer verständlich und sehr geeignet um Fehler zu produzieren. Behörden und Prüfungsausschüssen haben zudem relativ wenig Erfahrung in der praktischen Anwendung der Vorschriften.  Dennoch hat jeder Prüfling Anrecht auf ein rechtlich einwandfreies Prüfungsverfahren und auch derartige formelle Fehler können zur „Annullierung“ der Prüfung führen.

 

Ich bin durchgefallen und habe Bedenken gegen die Prüfung: Was soll ich tun?

Man sollte entweder noch in der Prüfung, spätestens aber zeitnah nach der Prüfung gegenüber dem Prüfungsausschuss bzw. der Behörde Mängel im Prüfungsablauf anmerken. Äußerst sinnvoll ist auch die Anfertigung eines eigenen Gedächtnisprotokolls, falls möglich kann man auch seinen Teampartner bzw. Mitprüfling darum bitten. Einen Teil der oben angemerkten formellen Fehler wird aber im direkten Prüfungsablauf als Kandidat gar nicht bemerken können, etwa wenn der Prüfungsausschuss durch die Behörde fehlerhaft bestellt wurde.

Wenn tatsächlich die Ergänzungsprüfung zum Notfallsanitäter oder das vollständige Notfallsanitäter-Staatsexamen nicht bestanden wurde, sollte man unbedingt die Widerspruchsfrist einhalten. Die Widerspruchsfrist beträgt regelmäßig einen Monat nach Zustellung des Bescheides über das Nicht-Bestehen der Prüfung. Der Widerspruch kann grundsätzlich auch vorsorglich und fristwahrend eingelegt werden und muss vorerst nicht begründet werden.

 

Soll ich die Wiederholungsprüfung abwarten?

Zwar hat man mit der Wiederholungsprüfung grundsätzlich eine (!) weitere Chance, aber das Risiko eine Prüfung nicht zu bestehen, besteht immer, auch bei optimaler Vorbereitung. Wenn die Wiederholungsprüfung dann ordnungsgemäß abgelaufen und dennoch nicht bestanden ist, wird es oftmals für eine Anfechtung der ersten Prüfung zu spät sein. Insofern sollte man auch beim Nicht-Bestehen der ersten Prüfung über einen Widerspruch nachdenken.

 

Brauche ich einen Anwalt?

Gerade zur Anfechtung der formalen Mängel –und dies ist oftmals am sinnvollsten- benötigt man zum einen umfassende Akteneinsicht, zum anderen sowohl rettungsdienstliches als auch rechtliches Fachwissen. Mir kommt bei derartigen Widerspruchsverfahren durchaus auch meine Ausbildung als Rettungsassistent zugute. Einen Rechtsanwalt mit entsprechendem Hintergrund zu beauftragen, kann daher sehr sinnvoll sein. Auch weil dieser eher einen objektiven Blick auf das Prüfungsgeschehen hat, als der direkt beteiligte Prüfling oder andere direkt Beteiligte.

 

Was kostet der Rechtsanwalt?

Die Berechnung der Anwaltskosten nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) richtet sich zum einen nach dem „Gegenstandswert“ (bei Notfallsanitäterprüfungen regelmäßig 15.000,-€), zum anderen nach dem Ansatz der Geschäftsgebühr (zwischen 0,5 und 2,5). Hieraus ergeben sich dann in einem einfachen Normalfall Anwaltskosten bei einem Widerspruchsverfahren ab ca. 1.030,-€.

Die genaue Höhe der Anwalts- und Gerichtskosten ist unter anderem vom Verlauf des Verfahrens abhängig. Insofern ist eine absolut sichere Prognose der Kosten leider nicht möglich. Bei einer Abrechnung nach dem RVG können sich Kosten im Widerspruchsverfahren von bis zu ca. 3.100,-€ ergeben.  Grundsätzlich besteht bei einem erfolgreichen Widerspruchsverfahren auch ein Kostenersatzanspruch gegen die Behörde. Ebenso ist eine Erstberatung deutlich günstiger. Auch übernehmen einige Rechtschutzversicherungen die Kosten eines Widerspruchverfahrens. Für Selbstzahler biete ich zudem die Möglichkeit einer Honorarvereinbarung an, in der die Kosten vorher festgelegt werden können.

Ich stehe für ein erstes unverbindliches Telefonat, unter anderem um Kostenfragen zu klären, gerne zur Verfügung.

 

Die neuen Pflegegrade – Broschüre

Seit dem 1. Januar 2017 gibt es in der Pflegeversicherung ein neues Einstufungssystem, statt der bisherigen 3 Pflegestufen gibt es nunmehr 5 Pflegegrade. Die Einstufung mag pflegewissenschaftlich präziser sein, das Verfahren ist aber auch nochmals deutlich komplizierter als vorher.

Der Arbeiter-Samariter-Bund in Bremen hat online und gratis die Broschüre

„Der Weg zum Pflegegrad

Voraussetzungen & Leistungen der Pflegeversicherung“

veröffentlicht, welche das neue Einstufungssystem und auch die Leistungen sehr schön und gut verständlich darstellt. Eine klare Empfehlung dafür.

Bezogen auf ein Klageverfahren nach negativem Widerspruch heißt es dort: „Auch wenn sich das Verfahren einige Monate hinziehen kann, so stehen die Chancen für einen Erfolg vor Gericht erfahrungsgemäß gut“. Dem kann ich nur vollständig zustimmen. Pflegebedürftige oder Angehörige sollten sich durch einen ersten negativen Bescheid der Pflegekasse nicht entmutigen lassen, auch nicht durch einen negativen Widerspruchsbescheid. Die Klärung im Sinne des Pflegebedürftigen braucht leider häufig das Klageverfahren und dort sollte man professionellen Beistand haben.

Kategorie: Medizinrecht ·Pflegerecht ·Pflegeversicherung | von: Guido C. Bischof
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