Pflegerecht
Arbeitsrecht: Corona/CoViD-19/SARS-CoV2 und Schutzkleidung
Erstaunlicherweise erreichen mich regelmäßig Anfragen welche Schutzkleidung, insbesondere welche Masken, der Arbeitgeber in Zeiten von Corona/CoViD-19/SARS-CoV2 zur Verfügung stellen muss. Auch scheint eine große Verunsicherung da zu sein, welche Rechte Arbeitnehmer haben, wenn keine Schutzkleidung zur Verfügung steht.
Der Text steht auch als PDF zur Verfügung: CoVid-Arbeitsrecht-Stand 24.4.2020 .
Welche Schutzausrüstung muss der Arbeitgeber stellen?
Der Arbeitgeber[1] ist verpflichtet, angemessene Schutzkleidung zu stellen. Dies ergibt sich nicht nur aus Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung und aus § 4 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz, sondern auch bereits aus § 618 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Arbeitsrechtlich handelt es sich dabei um eine sogenannte „Nebenpflicht“ aus dem Arbeitsvertrag. Diese Nebenpflicht ist auch nicht dadurch zu ändern, dass sich der Arbeitgeber auf einen „Notstand“ beruft oder eine gesonderte Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer schließt. Durch die gesetzlichen Regelungen soll die Gefährdung für Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten werden.[2]
Was ist denn „angemessene Schutzkleidung“?
Welche Schutzkleidung der Arbeitgeber nun konkret stellen muss, ist eine Frage welche Ausstattung fachlich geboten ist.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt bei direkter Versorgung von Patienten mit bestätigter oder wahrscheinlicher COVID-19-Infektion Schutzkittel, Atemschutzmaske (mindestens FFP2) und Einmalhandschuhe und je nach Exposition eine Schutzbrille[3].
Der „Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe“ (ABAS) beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt in seinem Beschluss 609[4] an, dass bei der Untersuchung, Behandlung, Pflege und Versorgung von Patienten, die an einem Influenza-Erreger der Risikogruppe 3 erkrankt sind oder die als Verdachtsfall gelten mindestens FFP2-Masken von den Beschäftigten zu tragen sind[5]. Zudem müssen Schutzkittel , Einmalhandschuhe und regelmäßig eine geeignete Schutzbrille verwandt werden[6].
Die eigentlich für die Influenza gedachten Empfehlungen sind auf den COVID-19-Erreger übertragbar[7], insbesondere ist auch COVID-19 in die Risikoklasse 3 eingestuft[8].
Zusammengefasst: Zur Versorgung von Patienten mit bestätigter oder wahrscheinlicher COVID-19-Infektion muss der Arbeitgeber Schutzkittel, Atemschutzmaske (mindestens FFP2), Einmalhandschuhe und eine Schutzbrille zur Verfügung stellen.
Lediglich als „Präventivmassnahme“ bei Patienten ohne konkreten Krankheitsverdacht ist ein Mund-Nasen-Schutz ausreichend.
Darf man als Personal im Gesundheitswesen die Arbeit verweigern, wenn kein Infektionsschutzmaterial vorhanden ist?
Erfüllt der Arbeitgeber diese Schutzpflichten nicht, so steht dem betroffenen Arbeitnehmer ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 Abs. 1 BGB zu [9]. Praktisch bedeutet dies, dass der Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen muss. Er hat aber dennoch einen Vergütungsanspruch.
Sollte also tatsächlich der Fall eintreten, dass der Arbeitgeber z. B. eine Patientenversorgung oder eine Patientenbeförderung mit zu erwartender Infektionsgefahr anweist, er aber zugleich keine ausreichende Schutzkleidung stellt, muss der Mitarbeiter dem nicht Folge leisten.
Wesentlich häufiger und realistisch dürfte aber die Situation sein, in denen sich der Arbeitnehmer ein Mehr an Schutzmaßnahmen wünscht, zum Beispiel eine FFP3-Maske bei jedem Patienten, statt nur einem chirurgischem Mundschutz. Insofern ist -wie oben dargestellt- entscheidend was fachlich aus hygienischer bzw. arbeitsmedizinischer Sicht zu fordern ist.
Mein Arbeitgeber sagt, es sei „unterlassene Hilfeleistung“ wenn ich Patienten nicht ohne ausreichenden Infektionsschutz versorgen will
Arbeitsrechtlich ist die Lage oben dargestellt, der Mitarbeiter kann bei vorhandener Infektionsgefahr und mangelnder Schutzausrüstung die Arbeit ablehnen.
Etwas problematischer kann die Sache strafrechtlich sein, wenn der Mitarbeiter bereits die Arbeit konkret aufgenommen hat, womöglich in Kenntnis mangelnder Schutzausrüstung, und die Patientenversorgung dann abbricht.
Aufgrund der vorhandenen Garantenstellung des Mitarbeiters kann diese Situation tatsächlich ein Strafbarkeitsrisiko bergen. Wegen der Details weise ich auf die Stellungnahme von Herrn Dr. Brock, Fachanwalt für Medizinrecht, für den Deutsche Berufsverband Rettungsdienst (DBRD) hin. Die strafrechtlichen Details sind dort, ab Seite 3, umfassend erläutert.[10]
Der Mitarbeiter kann das persönliche Strafbarkeitsrisiko dadurch vermeiden, dass er ohne hinreichende Schutzkleidung keine Patientenversorgung beginnt bzw. im Rettungsdienst keinen Einsatz bzw. Dienst übernimmt.
[1] Ich verwende weitestgehend das generische Maskulinum, eine Diskriminierung ist keinesfalls beabsichtigt.
[2] § 4 Nr. 1 ArbSchG, vgl. auch Wank in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 20. Aufl. 2020, BGB § 618 Rn. 14
[3] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Hygiene.html, Abruf 20.4.2020
[4] https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/TRBA/pdf/Beschluss-609.pdf?__blob=publicationFile&v=2, Abruf 20.4.2020
[5] ABAS-Beschluss 609, Ziffer 6.3.1, Link siehe vor
[6] ABAS-Beschluss 609, Ziffern 6.2, 7.2, Link siehe vor
[7] https://www.baua.de/DE/Angebote/Aktuelles/Meldungen/2020/2020-02-19-Coronavirus.html
[8] ABAS-Beschluss 1/2020, https://www.baua.de/DE/Aufgaben/Geschaeftsfuehrung-von-Ausschuessen/ABAS/pdf/SARS-CoV-2.pdf?__blob=publicationFile&v=3 , Abruf 20.4.2020
[9] Wank in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 20. Aufl. 2020, BGB § 618 Rn. 25
[10] https://dbrd.de/images/aktuelles/2020/04-01/Stellungnahme_DBRD_Schutzausrustung.pdf , Abruf 20.4.2020
Beratungshilfe?
Natürlich übernehme ich auch Mandate auf der Basis von Beratungshilfe. Zum einen bin ich dazu rechtlich verpflichtet, zum anderen halte ich es im Sinne eines sozialen Kitts in der Gesellschaft für notwendig, sich auch für wirtschaftliche Schwächere einzusetzen.
Allerdings: Entsprechende Mandantinnen und Mandanten müssen den Beratungshilfeschein selbst beantragen und zum ersten Termin mitbringen.
Mit den entsprechenden Unterlagen (Personalausweis, Einkommensnachweise, ggf. Schriftwechsel) ist das oftmals problemlos beim zuständigen Amtsgericht in einem persönlichen Termin möglich. Die Beantragung von Beratungshilfe durch mich für den Mandanten führt hingegen leider oftmals zu einem wochen- bis monatelangem Schriftwechsel mit dem Gericht.
Ein Beispiel:
Herr M erscheint und wünscht die Übernahme einer Sache gegen seine Pflegeversicherung. Herr M. ist mittelos und habe schon einen Beratungshilfeschein, diesen aber zu Hause vergessen. Ich zweifele kurz, glaube aber Herrn M und dieser sagt zu, den Beratungshilfeschein kurzfristig hereinzubringen. Fristwahrend lege ich also schonmal Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse ein.
Am nächsten Morgen ist ein Umschlag von Herrn M. im Briefkasten. Leider kein Beratungshilfeschein, sondern ein Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe. In einer anderen Handschrift ist dort ein gerichtliches Aktenzeichen eingetragen. Auf telefonische Nachfrage teilt Herr M mit, dass Gericht habe ihm das so gegeben, das müsse der Anwalt einreichen.
Das ist so halb richtig, denn a) muss ich den Antrag nicht einreichen, vgl. § 16a Abs. 2 BORA und b) hätte das Gericht grundsätzlich auch gleich den Bewilligungsschein erteilen können und Herrn M nicht lediglich ein Antrags-Formular überreichen können.
Ich sende dieses Formular dann kommentarlos an das Amtsgericht am 2. Juni.
Schon zehn Tage später, das ist tatsächlich relativ zügig, fragt das Gericht schriftlich nach, wann ich die Tätigkeit für Herrn M denn aufgenommen habe. Hintergrund: Nach § 6 Abs. 2 Beratungshilfegesetz l muss der Antrag spätestens vier Wochen nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt werden, sonst gibt es kein Geld mehr vom Staat. Also eine erste kritische Nachfrage durch das Gericht, ob der Anspruch überhaupt besteht. Ich antworte noch am selben Tag, dem 12. Juni.
Zehn Tage später, am 22. Juni, hat das Gericht ein neues Schreiben und eine neue Frage: Worum geht es eigentlich? Die Angabe in dem Antrag „Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse vom ….“ sei doch zu pauschal und aus dem in Kopie beigelegten Bescheid der Pflegekasse könne man keine Fehler erkennen. Eine Antwort habe innerhalb von 2 Wochen zu folgen, sonst würde der Antrag abgelehnt.
Nun ja, in den Bescheiden der Pflegekasse steht relativ selten so etwas wie „Den zugrundegelegten Hilfebedarf haben wir unter Mitwirkung des MDK so niedrig angesetzt, dass sie keine Leistungen erhalten. Das machen wir so, weil wir gerne das Geld sparen und viele Menschen keinen Widerspruch einlegen“
Ich lasse mir etwas mehr Zeit und teile dem Gericht am 1. Juli konkrete Bedenken gegen den Bescheid mit. Nur zur Klarstellung: Wir befinden uns in dem Verfahren um die Bewilligung von Beratungshilfe. Also bei der Frage, ob ich aus der Staatskasse eine Vergütung für die Tätigkeit zugunsten des Herrn M bekomme.
Dann ist Schweigen im Walde, keine Bewilligung, keine Nachfrage. Also frage ich am 7. August, also nach 6 Wochen, mal nach, was die Sache macht.
2 Wochen später schreibt mir die Rechtspflegerin, sie benötige für die Bewilligung der Beratungshilfe die Widerspruchsbegründung. Wenn diese nicht innerhalb von 2 Wochen vorliegt, gehe sie von einer Rücknahme des Widerspruchs aus.
Mir platzt der Kragen und ich schreibe am 21. August dem Gericht:
1.
Eine Widerspruchsbegründung liegt nicht vor. Die Gewährung der Beratungshilfe soll gerade die Kostendeckung für die Begründung des Widerspruchs sicherstellen. Ich werde die Widerspruchsbegründung also erst fertigen, wenn eine Entscheidung über die Beratungshilfe vorliegt.
Inhaltlich darf ich auf mein Schreiben vom 1. Juli hinsichtlich konkreter Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides hinweisen.
Bewertungsmaßstab dürfte hier die Frage sein, ob die Inanspruchnahme der Beratungshilfe mutwillig erscheint (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG) . Dies ist nach hiesiger Auffassung nicht ansatzweise erkennbar.
2.
Für den Antragsteller erfolgt klarstellend der Hinweis, dass von einer Rücknahme des Antrags nicht auszugehen ist.
Die Angelegenheit wird von hier aus als ausgeschrieben betrachtet, ich bitte um Entscheidung.
Dann passiert etwas Unerwartetes: Eine gute Woche später, am 29. August, habe ich tatsächlich den Beratungshilfe-Schein in der Post. Nunmehr, nachdem ich fast 3 Monate lang mit Gericht geschrieben habe, damit mein mitteloser Mandat Beratungshilfe bekommt.
Immerhin werde ich für die gesamte Tätigkeit, also einschließlich der Führung des Widerspruchsverfahrens, nahezu „fürstlich“ entlohnt werden. Die Staatskasse zahlt ganze 121,38 €. Vom (mittelosen) Mandanten kann ich einen Eigenanteil von 15 € kassieren, macht insgesamt 136,38 €. Zum Vergleich: Hätte Herr M mich als Selbstzahler beauftragt, wären bei einer Standardabrechnung gemäß Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) schon Kosten von 380,80 € entstanden.
Aus der Staatskasse erhalte ich also nur ein gutes Drittel der gesetzlichen Vergütung. Wahrscheinlich, weil die wochenlange Korrespondenz mit dem Gericht um die Bewilligung der Beratungshilfe nahezu vergnügungssteuerpflichtig ist.
Deshalb: Beratungshilfe: ja, bitte. Aber nur, wenn sie einen entsprechenden Berechtigungsschein zum ersten Termin bei mir mitbringen.
Einen Beratungshilfesschein erkennen Sie übrigens daran, dass groß „Bewilligung“ oder „Berechtigungsschein“ drüber steht. Wenn Sie ein Formular mit der Überschrift „Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe“ erhalten, ist das eben nur das Antragsformular.
Mindestlohn in der Pflege
Neben dem allgemeinen Mindestlohn (8,84 € pro Stunde) gibt es weitere, weniger bekannte gesetzliche Mindestlöhne. Dazu gehört der Mindestlohn in der Pflegebranche von derzeit 10,20 €/Stunde. Dieser steigt ab dem 1. Januar 2018 auf 10,55 € pro Stunde (westliche Bundesländer und Berlin) bzw. 10,05 € (östliche Bundesländer). Diese und weitere Steigungen sind wie folgt vorgesehen:
Ab | West und Berlin | Ost |
1. Januar 2018 | 10,55 € | 10,05 € |
1. Januar 2019 | 11,05 € | 10,55 € |
1. Januar 2020 | 11,35 € | 10,85 € |
Die Mindestlohn-Verordnung gilt für alle Arbeitgeber in der Pflegebranche, ambulant wie stationär. Entscheidend ist, dass es sich um einen Betrieb handelt, der Pflegeleistungen oder ambulante Krankenpflegeleistungen für Pflegebedürftige erbringt. Der Mindestlohn gilt dann für alle Arbeitnehmer im Bereich Pflege oder Betreuung, unabhängig von der Qualifikation. Der Mindestlohn gilt also auch für Alltagsbegleiter oder Assistenzkräfte.
Nicht nach dem Mindestlohn bezahlt werden müssen Auszubildende oder Arbeitnehmer z. B. in den Bereichen Technik, Küche, hauswirtschaftliche Versorgung. Dabei kommt es aber auf das konkrete Tätigkeitsfeld an, nicht auf die theoretische Beschreibung im Arbeitsvertrag. Ist etwa eine Hauswirtschaftskraft überwiegend damit beschäftigt, Pflegebedürftigen Nahrung anzureichen, kann es sich um Pflege handelt und sie unterfällt dann dem Pflegemindestlohn.
Der Mindestlohn ist auch für Zeiten der Arbeitsbereitschaft zu zahlen. Arbeitnehmer können den Mindestlohn bis zu 12 Monate rückwirkend geltend machen.
Haben Sie Fragen zum Thema Mindestlohn oder Arbeitsrecht? Nehmen Sie gerne Kontakt auf!
Welche Vorteile habe ich eigentlich von einem „Schwerbehinderten-Ausweis“?
Insofern ist zu zunächst zu unterscheiden, ob eine Behinderung oder eine Schwer-Behinderung vorliegt. Eine Behinderung ist gegeben, wenn das Versorgungsamt einen Grad der Behinderung (GdB) unter 50 feststellt. Mit einem GdB von 50 oder höher gilt man als „schwerbehindert“.
Vorteile mit einem GdB ab 50
- Behinderten-Pauschbetrag bei der Steuererklärung
Abhängig vom GdB können Sie einen steuerlichen Freibetrag in unterschiedlicher Höhe geltend machen - Besonderer Kündigungsschutz
Schwerbehinderte Menschen können nur mit Zustimmung des Integrationsamtes von Ihrem Arbeitgeber gekündigt werden - Höherer Urlaubsanspruch
Schwerbehinderte Menschen haben Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von einer Woche im Urlaubsjahr (regelmäßig fünf Arbeitstage) - Früherer Rentenbeginn
Unter bestimmten Voraussetzungen ist ein Rentenbeginn mit Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Insbesondere müssden dazu 35 Beitragsjahre erfüllt sein.
Vorteile mit einem GdB unter 50
- Behinderten-Pauschbetrag bei der Steuererklärung
Wenn die Behinderung zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt hat oder durch eine typische Berufskrankheit entstanden ist - Ab einem GdB von 30 besteht die Möglichkeit durch einen Antrag bei der Arbeitsagentur einem schwerbehindertem Menschen gleichgestellt zu werden
Zusätzliche Nachteilsausgleiche, zum Beispiel ein Parkausweis für Behindertenparkplätze, sind je nach konkreten Einschränkungen möglich.
Falls Sie sich fragen, ob die Bewertung Ihrer Behinderung zutreffend ist, empfehle ich meinen Artikel „Schwerbehinderten-Recht: Fehler bei der Ermittlung des „Grad der Behinderung“ (GdB)“
Haben Sie Fragen zum Thema „Grad der Behinderung“ oder zum Schwerbehinderten-Recht allgemein? Nehmen Sie gerne Kontakt auf!
Schwerbehinderten-Recht: Fehler bei der Ermittlung des „Grad der Behinderung“ (GdB)
In Schwerbehindertenangelegenheiten wird der sogenannte „Grad der Behinderung“ (GdB) nach entsprechendem Antrag durch das Versorgungsamt ermittelt. Grundlage hierfür ist eine versorgungsmedizinische Bewertung der vorliegenden Einschränkungen bzw. Behinderungen.
Die Ermittlung und Bewertung ist sehr fehleranfällig. Rechtliche Grundlage ist die Versorgungsmedizin-Verordnung und die dort enthaltende GdS/GdB-Tabelle. Diese Tabelle gibt jedoch nur einen gewissen Rahmen vor. Insbesondere sind für einzelne Erkrankungen Bewertungbereiche benannt, z.B. zwischen 20 und 40.
Die Bewertung durch das Versorgungsamt bzw. von dort beauftragte Ärzte fällt häufig relativ niedrig aus. Auch ist zu beobachten, das das Zusammenwirken mehrerer Einschränkungen nicht hinreichend berücksichtigt wird.
Der Antragsteller kann solche Fehler häufig nicht selbst feststellen. In dem Bescheid den der Betroffene erhält, ist die einzelne Bewertung derjeweiligen Beeinträchtigungen in der Regel nicht erkennbar. Dies ist nur erkennbar, wenn man bei der Behörde Akteneinsicht nimmt und somit die entsprechende ärztliche Stellungnahme kennt.
Eine zu niedrige Bewertung einzelner Einschränkungen ist einer der häufigsten Fehlerquellen in Verfahren nach dem Schwerbehindertenrecht.
In der anwaltlichen Tätigkeit ist insofern eine gründliche Auseinandersetzung mit dem Akteninhalt, insbesondere den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und den ärztlichen Befundberichten unerlässlich.
Haben Sie Fragen zum Thema „Grad der Behinderung“ oder zum Schwerbehinderten-Recht allgemein? Nehmen Sie gerne Kontakt auf!
Keine Erhöhung des Mindestlohnes in der Pflegebranche oder „Will die Bundesregierung uns vera…?“
Mit Ihrer Veröffentlichung vom 19. Juli 2017 tut die Bundesregierung frohe Kunde für Beschäftigte der Pflegebranche kund:
„Der Pflegemindestlohn steigt ab November auf 10,20 Euro pro Stunde im Westen und 9,50 Euro im Osten. Ab Januar 2018 wird er nochmals erhöht. Von diesem Mindestlohn, der über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt, profitieren vor allem Pflegehilfskräfte.“
Eine gute Nachricht dachte ich mir, und machte mich daran, einen Artikel für meinen Blog darüber zu verfassen. Neben der guten Nachricht („Mehr Geld!“) gibt es schließlich um den Mindestlohn diverse arbeitsrechtliche Problemstellungen: Für welche Tätigkeit ist er zu zahlen? Bekomme ich den Mindestlohn auch als Alltagsbegleiterin oder Betreuungskraft? Was ist mit Bereitschaftsdiensten? Was ist, wenn ich als Hauswirtschaftskraft eingestellt bin, tatsächlich aber überwiegend pflege?
Ein kurzer Blick in die aktuell geltende „Zweite Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche“ lässt mich dann aber stutzen:
„Das Mindestentgelt beträgt […] ab dem 1. Januar 2017: 10,20 Euro je Stunde.“ (§ 2 Abs. 1 2. PflegeArbbV).
Hmm, wenn in der aktuellen Verordnung schon ein Mindestlohn von momentan 10,20 € (West) bzw. 9,50 € (Ost) festgelegt ist, wo ist denn dann die von der Bundesregierung angekündigte Steigerung ab November?
Der Unterschied zwischen aktuell 10,20 € und 10,20 € im November beträgt rechnerisch null Cent. Es gibt also keine Steigerung. Die Mitteilung der Bundesregierung ist schlicht falsch.
Richtig ist, dass die erste Steigerung im August 2018 auf dann 10,55 € (West) bzw. 10,05 € (Ost) erfolgt.
Die falsche Mitteillung der Bundesregierung ist aber in der Welt und zum Besipiel von JURIS übernommen worden (richtig hingegen der Beck-Verlag hier).
Mir stellt sich die Frage: Ist die Falschmitteilung ein bedauerliches Versehen oder ein Versuch im Wahljahr nochmal „Schönwetter“ zu machen?
Optimistisch wie ich bin, würde ich ja von einem bedauerlichen Versehen ausgehen. Leider „verkauft“ die Bundesregierung im Moment in nennenswertem Umfang merkwürdige Gesetzesvorhaben. Abgesehen von dem (vorerst gescheitertem) Versuch der drastischen Ausweitung des Handyverbots wird auch ein „Strafverfahrens-Rechte-Abbau-Gesetz“ als „Beschuldigte erhalten in Strafverfahren mehr Rechte“ verkauft.
Angesichts des Gesamtbildes mag ich an ein Versehen nicht glauben. Kommen wir jetzt zu den guten Nachrichten: Es gibt Sommerkino im Kanzleramt! Hurra!
Pflegeversicherung: Häufigere Beratungseinsätze verbindlich
Mit den Pflegegraden seit dem 1. Januar 2017 haben sich auch die Intervalle für Beratungseinsätze beim Bezug von Pflegegeld geändert. Diese Beratungseinsätze erfolgen in der häuslichen Umgebung, also in der Regel in der Wohnung des Pflegebedürftigen. Sie werden von Pflegediensten oder Pflegeberatern durchgeführt und dienen Qualitätssicherung der häuslichen Pflege und der Hilfestellung und pflegefachlichen Unterstützung der Pflegeperson. Auch sollen dabei die Pflegebedürftigen und Pflegepersonen auf die Auskunfts-, Beratungs- und Unterstützungsangebote hingewiesen werden.
Dem ein oder anderen Pflegebedürftigen oder auch Pflegendem sind diese Besuche lästig und werden als eine Art Kontrolle empfunden.
Pflegebedürftige in Pflegegraden 2 und 3, müssen diese Beratungseinsätze halbjährlich in Anspruch nehmen. Pflegebedürftige in höheren Pflegegraden (Pflegegrade 4 und 5) müssen daran sogar vierteljährlich teilnehmen.
Wenn die Beratungen nicht wahrgenommen werden, kürzt die Pflegekasse die Leistung. Im Wiederholungsfall ist sogar ein Entzug des Pflegegeldes möglich.