Arbeitsrecht
Hebammen-Prüfung anfechten: Gute Erfolgsaussichten nutzen
Die Hebammen-Ausbildung im Wandel
Die Ausbildung zur Hebamme befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Während sie früher als klassische Berufsausbildung galt, entwickelt sie sich zunehmend zu einem akademischen Studium. In diesem Kontext ist das Übergangsrecht für die Prüfungen äußerst komplex. Es gilt sowohl die alte Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Hebammen und Entbindungspfleger (HebAPrV) als auch die neue Studien- und Prüfungsverordnung für Hebammen (HebStPrV). Selbst bei Anwendung der alten Regelungen müssen komplizierte Verweise auf die neuen Bestimmungen beachtet werden.
Rechtslage und formelle Fehler bei der Prüfung
Die unübersichtliche Rechtslage erschwert es den Prüfungsausschüssen, Fehler zu vermeiden. Wenn Kandidatinnen die Hebammen-Prüfung nicht bestehen und diese anfechten, können formelle Fehler der Prüferinnen zu einer Wiederholung der Prüfung führen. Solche Fehler sind häufig der Schlüssel zu einer erfolgreichen Anfechtung.
Um mögliche Fehler zu identifizieren, ist eine gründliche rechtliche Analyse erforderlich. Nach einem Antrag auf Akteneinsicht bei der Prüfungsbehörde ist es notwendig, die gesamte Prüfungsakte zu prüfen. Nur so können Unstimmigkeiten bei der Zusammensetzung des Prüfungsausschusses, dem Prüfungsablauf und der Bewertung aufgedeckt werden. Eine einfache Einsicht in die Prüfungsdokumentation reicht oft nicht aus, da umfangreiches Fachwissen im Prüfungsrecht erforderlich ist. Daher ist die Beauftragung eines spezialisierten Anwalts ratsam.
Widerspruchsfrist unbedingt beachten
Wie sollte man vorgehen, wenn man die Hebammen-Prüfung anfechten möchte? Zunächst ist es entscheidend, die Widerspruchsfrist von einem Monat nach Erhalt des Bescheids über das Nicht-Bestehen einzuhalten. Der Zugang kann auch durch Einwurf des Bescheids in den Briefkasten erfolgen. Das Einhalten dieser Frist ist von großer Bedeutung, da ein Widerspruchsverfahren an einer versäumten Frist scheitern kann. Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats bei der zuständigen Behörde oder Hochschule vorliegen. Wird die Frist versäumt, ist eine Anfechtung der Hebammen-Prüfung nicht mehr möglich. Sollte die Frist kurz vor dem Ablauf stehen, kann der Widerspruch auch unkompliziert selbst eingelegt werden. Ein kurzer Brief, in dem der Widerspruch eingelegt wird und die Mitteilung, dass eine ausführliche Begründung folgt, ist ausreichend.
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Geschützt: Leitstellen-Lehrgang Januar 2023
Guido C. Bischof jetzt auch Fachanwalt für Arbeitsrecht
Bereits langjährig bin ich auch schwerpunktmäßig im Arbeitsrecht tätig. Um sich offiziell „Fachanwalt für Arbeitsrecht“ nennen zu dürfen, benötigt es aber etwas mehr: Ein Lehrgang von 120 Stunden, drei Klausuren zu fünf Stunden und zuletzt muss man mindestens 100 bearbeitete arbeitsrechtliche Fälle nachweisen.
Nachdem ich Anfang 2020 den Lehrgang erfolgreich abgeschlossen hatte, hatte ich dann auch Zeit, meine entsprechende Fall-Liste zusammenzustellen. Nun ist es offiziell: Ich bin (auch) Fachanwalt für Arbeitsrecht und führe damit die zweite Fachanwaltsbezeichnung. Fachanwalt für Medizinrecht bin ich bereits seit 2014.

Corona-Quarantäne rechtswidrig, wenn Arbeit erlaubt
Aus den „Frühzeiten“ der Pandemie liegt hier noch ein Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen, über den ich noch nicht geschrieben habe.
Ich war beauftragt, gegen eine „Absonderungsverfügung“, also eine Quarantäne-Anordnung eines Gesundheitsamtes vorzugehen. Dies war letztlich auch erfolgreich.

In einem Nebenaspekt befasst sich das Verwaltungsgericht mit der sog. „Arbeits-Quarantäne“. Gemeint ist, dass einer Person die „ansteckungsverdächtig“ ist oder eine Kontaktperson ist, eine Absonderung (Quarantäne) auferlegt wird. Zugleich wird dieser Person aber gestattet, ihrer Arbeit nachzugehen.
Diese war insbesondere bei Mitarbeitenden im Gesundheitswesen üblich. Diese mussten -bei entsprechende Verdacht oder gar Nachweis einer Infektion- in Quarantäne, „durften“ aber dennoch arbeiten.
Wenn man über diese Arbeits-Quarantäne nachdenkt: ist dies schon etwas merkwürdig: Eine eventuell infektiöse Person muss sich isolieren, darf (oder besser: muss) jedoch weiter arbeiten und hat dabei Kontakt zu erkrankten oder gesundheitlich geschwächten Personen.
Das Verwaltungsgericht findet deutliche Worte:
Ungeachtet dessen erweist sich die hier angeordnete häusliche
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 20 L 1232/20
Absonderung als ermessensfehlerhaft. Die Maßnahme ist unverhält-
nismäßig. Dadurch, dass der Antragstellerin gestattet wurde, während
der häuslichen Absonderung ihrer Arbeit außerhalb des Hauses nach-
zugehen, ist die Eignung der Maßnahme für eine Unterbrechung einer
Infektionskette grundlegend in Frage gestellt.
Kurzfassung: Wenn Quaranänte oder Absonderung, dann auch „echt und komplett“. Die Anordnung einer „Arbeits-Quarantäne“ wird regelmäßig zur rechtswidrig der kompletten Quarantäne-Anordnung führen.
„Noris nörgelt“ – Artikel zu arbeitsrechtlichen Dauerbrennern in der Zeitschrift Rettungsdienst
Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Rettungsdienst aus dem S+K-Verlag beinhaltet einen Themenschwerpunkt „Rechtsfragen im Rettungsdienst“. Unter der Überschrift
„Noris nörgelt: Probleme mit Dienstplan, Überstunden und mehr“
habe ich mich mit arbeitsrechtlichen Dauerbrennern wie dem „Einspringen“, Überstunden durch Folgeeinsätze und dem Dienstplan auseinandergesetzt.

Arbeitsrecht: Corona/CoViD-19/SARS-CoV2 und Schutzkleidung
Erstaunlicherweise erreichen mich regelmäßig Anfragen welche Schutzkleidung, insbesondere welche Masken, der Arbeitgeber in Zeiten von Corona/CoViD-19/SARS-CoV2 zur Verfügung stellen muss. Auch scheint eine große Verunsicherung da zu sein, welche Rechte Arbeitnehmer haben, wenn keine Schutzkleidung zur Verfügung steht.
Der Text steht auch als PDF zur Verfügung: CoVid-Arbeitsrecht-Stand 24.4.2020 .
Welche Schutzausrüstung muss der Arbeitgeber stellen?
Der Arbeitgeber[1] ist verpflichtet, angemessene Schutzkleidung zu stellen. Dies ergibt sich nicht nur aus Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung und aus § 4 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz, sondern auch bereits aus § 618 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Arbeitsrechtlich handelt es sich dabei um eine sogenannte „Nebenpflicht“ aus dem Arbeitsvertrag. Diese Nebenpflicht ist auch nicht dadurch zu ändern, dass sich der Arbeitgeber auf einen „Notstand“ beruft oder eine gesonderte Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer schließt. Durch die gesetzlichen Regelungen soll die Gefährdung für Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten werden.[2]
Was ist denn „angemessene Schutzkleidung“?
Welche Schutzkleidung der Arbeitgeber nun konkret stellen muss, ist eine Frage welche Ausstattung fachlich geboten ist.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt bei direkter Versorgung von Patienten mit bestätigter oder wahrscheinlicher COVID-19-Infektion Schutzkittel, Atemschutzmaske (mindestens FFP2) und Einmalhandschuhe und je nach Exposition eine Schutzbrille[3].
Der „Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe“ (ABAS) beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt in seinem Beschluss 609[4] an, dass bei der Untersuchung, Behandlung, Pflege und Versorgung von Patienten, die an einem Influenza-Erreger der Risikogruppe 3 erkrankt sind oder die als Verdachtsfall gelten mindestens FFP2-Masken von den Beschäftigten zu tragen sind[5]. Zudem müssen Schutzkittel , Einmalhandschuhe und regelmäßig eine geeignete Schutzbrille verwandt werden[6].
Die eigentlich für die Influenza gedachten Empfehlungen sind auf den COVID-19-Erreger übertragbar[7], insbesondere ist auch COVID-19 in die Risikoklasse 3 eingestuft[8].
Zusammengefasst: Zur Versorgung von Patienten mit bestätigter oder wahrscheinlicher COVID-19-Infektion muss der Arbeitgeber Schutzkittel, Atemschutzmaske (mindestens FFP2), Einmalhandschuhe und eine Schutzbrille zur Verfügung stellen.
Lediglich als „Präventivmassnahme“ bei Patienten ohne konkreten Krankheitsverdacht ist ein Mund-Nasen-Schutz ausreichend.
Darf man als Personal im Gesundheitswesen die Arbeit verweigern, wenn kein Infektionsschutzmaterial vorhanden ist?
Erfüllt der Arbeitgeber diese Schutzpflichten nicht, so steht dem betroffenen Arbeitnehmer ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 Abs. 1 BGB zu [9]. Praktisch bedeutet dies, dass der Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen muss. Er hat aber dennoch einen Vergütungsanspruch.
Sollte also tatsächlich der Fall eintreten, dass der Arbeitgeber z. B. eine Patientenversorgung oder eine Patientenbeförderung mit zu erwartender Infektionsgefahr anweist, er aber zugleich keine ausreichende Schutzkleidung stellt, muss der Mitarbeiter dem nicht Folge leisten.
Wesentlich häufiger und realistisch dürfte aber die Situation sein, in denen sich der Arbeitnehmer ein Mehr an Schutzmaßnahmen wünscht, zum Beispiel eine FFP3-Maske bei jedem Patienten, statt nur einem chirurgischem Mundschutz. Insofern ist -wie oben dargestellt- entscheidend was fachlich aus hygienischer bzw. arbeitsmedizinischer Sicht zu fordern ist.
Mein Arbeitgeber sagt, es sei „unterlassene Hilfeleistung“ wenn ich Patienten nicht ohne ausreichenden Infektionsschutz versorgen will
Arbeitsrechtlich ist die Lage oben dargestellt, der Mitarbeiter kann bei vorhandener Infektionsgefahr und mangelnder Schutzausrüstung die Arbeit ablehnen.
Etwas problematischer kann die Sache strafrechtlich sein, wenn der Mitarbeiter bereits die Arbeit konkret aufgenommen hat, womöglich in Kenntnis mangelnder Schutzausrüstung, und die Patientenversorgung dann abbricht.
Aufgrund der vorhandenen Garantenstellung des Mitarbeiters kann diese Situation tatsächlich ein Strafbarkeitsrisiko bergen. Wegen der Details weise ich auf die Stellungnahme von Herrn Dr. Brock, Fachanwalt für Medizinrecht, für den Deutsche Berufsverband Rettungsdienst (DBRD) hin. Die strafrechtlichen Details sind dort, ab Seite 3, umfassend erläutert.[10]
Der Mitarbeiter kann das persönliche Strafbarkeitsrisiko dadurch vermeiden, dass er ohne hinreichende Schutzkleidung keine Patientenversorgung beginnt bzw. im Rettungsdienst keinen Einsatz bzw. Dienst übernimmt.
[1] Ich verwende weitestgehend das generische Maskulinum, eine Diskriminierung ist keinesfalls beabsichtigt.
[2] § 4 Nr. 1 ArbSchG, vgl. auch Wank in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 20. Aufl. 2020, BGB § 618 Rn. 14
[3] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Hygiene.html, Abruf 20.4.2020
[4] https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/TRBA/pdf/Beschluss-609.pdf?__blob=publicationFile&v=2, Abruf 20.4.2020
[5] ABAS-Beschluss 609, Ziffer 6.3.1, Link siehe vor
[6] ABAS-Beschluss 609, Ziffern 6.2, 7.2, Link siehe vor
[7] https://www.baua.de/DE/Angebote/Aktuelles/Meldungen/2020/2020-02-19-Coronavirus.html
[8] ABAS-Beschluss 1/2020, https://www.baua.de/DE/Aufgaben/Geschaeftsfuehrung-von-Ausschuessen/ABAS/pdf/SARS-CoV-2.pdf?__blob=publicationFile&v=3 , Abruf 20.4.2020
[9] Wank in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 20. Aufl. 2020, BGB § 618 Rn. 25
[10] https://dbrd.de/images/aktuelles/2020/04-01/Stellungnahme_DBRD_Schutzausrustung.pdf , Abruf 20.4.2020