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Leitstellen-Lehrgang April 2023 – Rechtsgrundlagen
Die Teilnehmenden des Moduls „Rechtsgrundlagen“ im Leitstellen-Lehrgang können hier meine Präsentation als PDF herunterladen. Das Passwort gab es in der Veranstaltung.
Online-Diskussion Notfallsanitäter-Gesetz: Aufzeichnung jetzt verfügbar
In der letzten Woche durfte ich an einer Online-Diskussion um § 2a NotSanG teilnehmen. Veranstalter war die Deutsche Gesellschaft für Rettungswissenschaften e. V. (DGRe). Teilnehmende waren:
Markus Eitzer (Stadtrechtsrat, Notfallsanitäter, Mannheim)
Thomas Hochstein (Erster Staatsanwalt, Rettungssanitäter, Stuttgart)
Prof. Dr. Andreas Pitz (Professor für Gesundheitsrecht, Rettungsassistent, Mannheim) Guido C. Bischof (Fachanwalt, Notfallsanitäter, Castrop-Rauxel)
Die Aufzeichnung ist jetzt auf Youtube verfügbar:
Der DGRe, namentlich Thomas Hofmann, danke ich für die Einladung und die Moderation.
Guido C. Bischof verantwortet Kapitel in medizinrechtlichem Kompendium
Der C. F. Müller-Verlag hat kürzlich die 56. Aktualisierung zum Werk „Gesundheitsrecht – Kompendium für die Rechtspraxis“ veröffentlicht.
Damit enthält das Kompendium erstmals Kapitel zur Thematik „Rettungsdienst und Notfallversorgung“. Es ist einer der wenigen deutschsprachigen Fachbücher, in dem diese Thematik überhaupt behandelt wird. Verantwortlicher Autor ist Guido C. Bischof, Rechtsanwalt Fachanwalt für Medizinrecht und Notfallsanitäter.

„Noris nörgelt“ – Artikel zu arbeitsrechtlichen Dauerbrennern in der Zeitschrift Rettungsdienst
Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Rettungsdienst aus dem S+K-Verlag beinhaltet einen Themenschwerpunkt „Rechtsfragen im Rettungsdienst“. Unter der Überschrift
„Noris nörgelt: Probleme mit Dienstplan, Überstunden und mehr“
habe ich mich mit arbeitsrechtlichen Dauerbrennern wie dem „Einspringen“, Überstunden durch Folgeeinsätze und dem Dienstplan auseinandergesetzt.

Warum Rettungsfachpersonal auch vermeintliche „Bagatellfälle“ nicht ablehnen und zuhause lassen sollte
Als ich gerade eine eMail verfasste, mir fiel auf, dass ich das Urteil des Kammergerichts vom 19. Mai 2016, 20 U 122/15 hier noch gar nicht kommentiert habe. Dabei ist dies eine wichtige Gerichtsentscheidung zu der Frage, warum Rettungsfachpersonal juristisch betrachtet auch einen Bagatellfall nicht ablehnen und zuhause lassen sollte. Also denn:
Der Fall:
Ein Rettungswagen wurde morgens gegen 7.00 Uhr zu einem Patienten mit Brustschmerzen alarmiert. Die Rettungsassistenten waren der Auffassung, es läge keine kardiale Ursache vor. Sie hielten also einen Herzinfarkt oder ähnliches für ausgeschlossen. Vielmehr ging das Rettungsdienst-Personal davon aus, dass beim Patienten Intercostalbeschwerden vorlagen, also Muskel- oder Nervenschmerzen an der Brustwand. Das Rettungsfachpersonal verwies den Patienten an seinen Hausarzt und führte keinen Krankenhaustransport durch.
Der später am selben Tag konsultierte Hausarzt veranlasste eine Klinikeinweisung. Im Krankenhaus wurde ein Herzinfarkt festgestellt. Der Patient erlitt während einer sodann durchgeführten Herzkatheteruntersuchung einen Schlaganfall. Es wurden mehrere Stents gesetzt. Die damit verbundenen Folgen seien letztlich auch für eine Verstärkung einer chronisch depressiven Verstimmung des Klägers ursächlich.
Die Entscheidung:
Das Landgericht Berlin hat den Träger des Rettungsdienstes zu 10.000,-€ Schmerzensgeld verurteilt. Das Kmmergericht (Oberlandesgericht Berlin) bestätigte diese Entscheidung mit folgenden Leitsätzen:
- Ein über akute Brustschmerzen klagender Patient muss, sofern die Schmerzen nicht offensichtlich eine herzfremde Ursache haben, einer notärztlichen Abklärung zugeführt werden.
- Es übersteigt die Kompetenz eines Rettungsassistenten, unklare Brustschmerzen diagnostisch einem herzfremden Krankheitsbild zuzuordnen.
- Nimmt Rettungsfachpersonal eine entsprechende Einordnung vor, wird es im Kompetenzbereich des Arztes tätig, was eine Anwendung der zur Arzthaftung entwickelten Beweislastregeln gestattet (hier: grober Behandlungsfehler mit entsprechender Beweislastumkehr)
Fazit:
Einmal mehr eine Entscheidung, die Rettungsassistenten und Notfallsanitäter zu äußerster Zurückhaltung mahnt, einen Patienten „abzulehnen“. Auch wenn der Eindruck entsteht, der Rettungsdienst wäre für eine Bagatelle oder gar mißbräuchlich als „Blaulicht-Taxi“ alarmiert worden, sollten Patienten nur auf deren eigenen Wunsch und mit entsprechender ausführlicher Dokumentation zuhause gelassen werden. Transportverweigerungen durch den Rettungsdienst sollten unterbleiben, da sie juristisch riskant sind. Im vorliegenden Fall hat es primär finanziell den Träger des Rettungsdienstes „erwischt“. Allerdings besteht bei vergleichbaren Fällen durchaus auch ein Risiko, dass der Dienstherr bzw. Arbeitgeber beim Mitarbeiter Regress nimmt. Daneben sind auch strafrechtliche Folgen gut denkbar.
Zum Vorgehen bei einem verweigernden Patienten darf ich auf
- meinen Blog-Beitrag Rettungsdienst-Recht: Was tun, wenn der Patient erkrankt oder verletzt ist, aber nicht in das Krankenhaus will?
- und meinen Artikel in der „retten!“: „Wenn der Patient nicht will – Was tun bei Transportverweigerung?“ (volltext gratis online beim Thieme-Verlag)
- sowie speziell zum Thema Aufklärung: „Kann Rettungsfachpersonal einen Patienten aufklären?“ (Kurz-Artikel beim S+K-Verlag)
hinweisen.
Haben Sie Fragen zum Rettungsdienst-Recht oder benötigen Sie einen Referenten für Ihre Veranstaltung? Nehmen Sie gerne Kontakt auf!
Rettungsdienst-Recht: Was tun, wenn der Patient erkrankt oder verletzt ist, aber nicht in das Krankenhaus will?
Wenn ich als Dozent auf Rettungsdienst-Fortbildungen unterwegs bin, höre ich manchmal als kurze selbstbewusste Antwort auf die Frage „Dann lasse ich den unterschreiben und gut ist“. Tatsächlich ist eine vom Patienten schriftlich bestätigte Transportverweigerung die „halbe Miete“.
In der Praxis ergeben sich aber zwei Probleme: 1. War der Patient überhaupt entscheidungsfähig und 2. Worüber wurden denn der Patient überhaupt aufgeklärt?
Die Entscheidungsfähigkeit
Einwilligungsfähig bzw. entscheidungsfähig ist, wer Bedeutung und Tragweite – auch die Risiken – der Maßnahme bzw. der Ablehnung der Versorgung erfassen und seinen Willen entsprechend einrichten kann.
Grundsätzlich ist zunächst jeder Volljähriger entscheidungsfähig. An der grundsätzlichen Einwilligungsfähigkeit bzw. Entscheidungsfähigkeit können sich verletzungs-, erkrankungs- oder situationsbedingt Zweifel ergeben. Insofern ist eine Einsatzdokumentation (Rettungsdienst-Protokoll) sinnvoll, die Anhaltspunkte für die Entscheidungsfähigkeit des Patienten enthält. Statt einem allgemeinem „Patient ist geschäftsfähig“ –was juristisch auch nicht der zutreffende Begriff wäre- empfehlen sich Feststellungen zur vollständigen Orientierung des Patienten. Idealerweise ist auch die Erhebung von Vitalwerten und ein weitgehender Ausschluss neurologischer Erkrankungen möglich. Natürlich sollten diese Feststellungen dokumentiert werden. Sofern sich insofern keine Auffälligkeiten ergeben, liegt Entscheidungsfähigkeit des Patienten vor.
Worüber wurde der Patient aufgeklärt?
Mir sind mehrere reale Fälle bekannt, in denen Patienten oder Angehörige später behaupten, es sei gar nicht oder nur unvollständig über die Folgen der Transport-Verweigerung informiert worden. Daher sollte ferner dokumentiert werden, über welche (Verdachts-)Diagnose und welche mögliche Folgen der Transportverweigerung der Patient aufgeklärt wurde.
Ein Beispiel
„Trotz momentaner Beschwerdefreiheit kann Gehirnblutung präklinisch nicht sicher ausgeschlossen werden, mögliche Folgen: Bewusstlosigkeit, bleibende Schäden (Schwerstpflegebedürftigkeit), Tod“
Verweigerungsformulare auf denen vorgedruckt steht, es sei über „alle Folgen“ aufgeklärt worden, sind insofern wenig hilfreich, da sie das oben skizzierte Problem nicht lösen. Auch die häufig verwandte Formulierung der Patient trage „die volle Verantwortung“ und könne niemanden haftbar machen, klingt kernig ist aber juristisch wenig hilfreich.
Die Dokumentation sollten daher auch Ausführungen enthalten, über welche möglichen Folgen der Patient aufgeklärt wurde.
Wieso den ganzen Schriftkram, wir sind doch zu zweit?
Richtig! Im Fall eines Strafverfahrens nämlich zwei Beschuldigte. Und Beschuldigten unterstellt man tendenziell, dass sie ihre Haut retten wollen und deshalb „Schutzbehauptungen“ aufstellen, auf deutsch: nicht die Wahrheit sagen.
Aber es steht doch „Aussage gegen Aussage“?
Es steht die Schilderung eines oder zweier Beschuldigter gegen ein Opfer und gegebenenfalls weitere Zeugen. Das ist im Strafrecht eine nicht untypische Situation die keinesfalls automatisch zum Freispruch bzw. zur Einstellung des Verfahrens führt.
Auch zivilrechtlich, also was einen Schadensersatzanspruch des Patienten angeht, besteht ohne ausreichende Dokumentation ein Haftungsrisiko zumindest für den Träger des Rettungsdienstes. Eine grob unvollständige oder gar komplett fehlende Dokumentation kann dann zur Beweislastumkehr bzw. Beweiserleichterungen für den Geschädigten führen.
Was tun?
- Versuchen den Patienten von der Behandlung/Beförderung zu überzeugen
- falls dies scheitert: gründliche Aufklärung über mögliche Folgen, gründliche Dokumentation der Aufklärung
Artikel „Was ist bei der Überlassung von Dienstfahrzeugen zu beachten?“, Rettungsdienst 7/2018

Titelbild Rettungsdienst 7/2018, Quelle: S&K-Verlag
In der Ausgabe 7/2018 der Zeitschrift „Rettungsdienst“ aus dem S&K-Verlag findet sich mein Artikel
„Was ist bei der Überlassung von Dienstfahrzeugen zu beachten?“.
Kann Rettungsfachpersonal einen Patienten aufklären?
…ist die Überschrift und Fragestellung eines Kurzbeitrags, den ich auf der Seite des S&K-Verlags veröffentlicht habe: