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Rechtliche Fehler bei Notfallsanitäter-Prüfungen: Fortbildung für Lehrkräfte

Heute war ich im schönen Bremen zu Gast und habe dort zu Lehrkräften über rechtliche Fehler bei Notfallsanitäter-Prüfungen gesprochen. Die Teilnehmenden können wie besprochen meine Folien hier als PDF herunterladen. Das Passwort gab es in der Veranstaltung.

Kategorie: Rettungsdienst-Recht | von: Guido C. Bischof
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Geschützt: Formelle Fehler bei NotSan-Prüfungen

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Kategorie: Rettungsdienst-Recht | von: Guido C. Bischof
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Grober Behandlungsfehler beim Krankentransport durch sitzende statt liegende Lagerung

Für die Notfallrettung und die Leitstellentätigkeit liegen Entscheidungen zum groben Behandlungsfehler schon vor. Das Oberlandesgericht Koblenz hat nun eine Entscheidung des Landgerichts Mainz bestätigt, dass erstmals auch einen groben Behandlungsfehler beim Krankentransport annimmt.

Was war passiert?

Die KTW-Besatzung sollte eine Patientin nach Knie-OP aus dem Krankenhaus nach Hause befördern. Auf der entsprechenden Verordnung war ein liegender Transport vorgesehen. Die Patientin selbst gibt an, auch sitzen zu können und wird so transportiert. Dabei wird das betroffene Bein mit einer Schiene und durch einen „Unterbau“ hochgehalten. An der Wohnung der Patientin angekommen wird sie in einem Rollstuhl (Tragestuhl?) die Treppe hochgetragen.

Soweit zunächst ein unauffälliger Krankentransport.

Allerdings hat die Patientin kurz nach Transportende Schmerzen und danach ein Gefühl der Instabilität im Knie. Es zeigt sich im weiteren Verlauf, dass das Knie erneut frakturiert ist. Es erfolgt eine weitere OP mit langdauernder Therapie.

Die Entscheidung des Gerichts

Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens bewertete das Gericht den sitzenden Transport der Klägerin als groben Behandlungsfehler. Angesichts der Verordnung eines liegenden Transports hätte kein sitzender Transport durchgeführt werden dürfen. Dies gelte auch, als die Rettungssanitäter am Ziel angekommen bemerkten, dass das Treppenhaus für einen liegenden Transport nicht groß genug war. Keinesfalls hätte die KTW-Besatzung einen sitzenden Transport durchführen dürfen, vielmehr hätte eine Rücksprache mit einem Arzt erfolgen müssen, wie der Transport im Treppenhaus nach oben erfolgen solle.

Das Landgericht hat den Träger des Rettungsdienstes zu 10.000,-€ Schmerzensgeld verurteilt.

Kurze Betrachtung

Die Annahme eines groben Behandlungsfehlers in diesem Fall erstaunt den rettungsdienstlichen Praktiker. Wenn man die Entscheidung vollständig Ernst nimmt, dürfte Rettungsdienst-Personal auch nicht kurzfristig aus angenommen guten Gründen von der verordneten Beförderungsweise abweichen. Vielmehr müsste dann Rücksprache mit einem Arzt genommen werden. Wörtlich aus dem Urteil „Das müssen nicht zwingend die Ärzte sein, die den Patienten vorbehandelt haben, jedenfalls aber Ärzte, die qualifiziert sind, um fachgerechte Anweisungen zu geben.“

Diese Forderung in der rettungsdienstlichen Praxis umzusetzen, dürfte spannend werden…

Zur Problematik des „groben Behandlungsfehlers“ und den rechtlichen Folgen habe ich hier bereits geschrieben.

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Volltext der Entscheidung: LG Mainz 2 O 368 15 Urteil vom 28. April 2017

Artikel in der BRANDschutz: Grober Behandlungsfehler und Beweislastumkehr bei Fehlern in der Leitstelle

Titelbild "BRANDSchutz", Ausgabe 7/2018, Kohlhammer-Verlag

Titelbild „BRANDSchutz“, Ausgabe 7/2018, Kohlhammer-Verlag

Auch in der Zeitschrift „BRANDSchutz/Deutsche Feuerwehr-Zeitung“ aus dem Kohlhammer-Verlag findet sich in der Ausgabe 7/2018 ein Artikel von mir.

Das Thema ist

„Grober Behandlungsfehler und Beweislastumkehr bei Fehlern in der Leitstelle“.

Ein Erwerb dieses Artikels ist online auf der Seite des Kohlhammer-Verlags möglich.

Grober Behandlungsfehler durch Leitstelle: Ergänzende Anmerkungen und Hinweise

Mein Beitrag zu der Entscheidung des Kammergerichts (KG), das Konstrukt des groben Behandlungsfehlers auch auf die Leitstelle anzuwenden, hat sehr viel Resonanz gefunden. Wie bereits angekündigt, hier einige ergänzende Anmerkungen dazu:

 

Was bedeutet grober Behandlungsfehler?

Ein grober Behandlungsfehler ist ein medizinisches Fehlverhalten, das „aus objektiver fachlicher Sicht bei Anlegung des für einen Arzt geltenden Ausbildungs- und Wissensmaßstabes nicht mehr verständlich und verantwortbar erscheint, weil ein solcher Fehler dem behandelnden Arzt aus dieser Sicht schlechterdings nicht unterlaufen darf“. In der Praxis holt das Gericht im Prozess das Sachverständigen-Gutachten eines Arztes ein. Dieser äußert sich dann auch zu der Frage, ob medizinisch-fachlich ein grober Behandlungsfehler vorliegt.

 

Wozu führt der grobe Behandlungsfehler rechtlich?

Beim Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers kommt es dann zu einer Beweislastumkehr. Sofern der Patient einen Schaden erlitten hat und ein grober Behandlungsfehler vorliegt, wird davon ausgegangen, dass dieser grobe Behandlungsfehler auch zum Schaden geführt hat. Theoretisch kann der Behandler, hier also der Träger des Rettungsdienstes bzw. der Leitstelle, nachweisen, dass er den Schaden gerade nicht verursacht hat. Dies ist praktisch aber oftmals nicht möglich.

Im konkreten Fall müsste der Rettungsdienst zur Überzeugung des Gerichts nachweisen, dass der Patient durch die um 10 Minuten verzögerte ärztliche Behandlung keinen weiteren Schaden erlitten hat. Eine bloße Behauptung ist nicht ausreichend. Man müsste also den Gesundheitszustand des Patienten zu Beginn und zu Ende dieser 10 Minuten vergleichen können. Das ist praktisch nicht möglich. Eine Verurteilung steht damit so gut wie fest.

 

War der RTW wirklich nur mit Rettungsanitätern (520 Stunden Ausbildung) besetzt?

Nein. Das Kammergericht schreibt von „mit der Behandlung per se überforderten Rettungssanitäter[n]“ (KG, Beschluss vom 20. März 2017, dort II. 1. j), juris Rn. 18). Der entsandte RTW war aber mindestens mit einem Rettungsassistenten besetzt. Dies ergibt sich aus anderen Stellen der Beschlüsse (zum Beispiel KG, Beschluss vom 20. März 2017, dort II. 1. a), juris Rn. 9).

 

Der Vorfall ist aus 2007. Heute würde das Gericht doch sicherlich anders entscheiden. Es gibt Notfallsanitäter, die RTW sind besser ausgestattet…

Das Kammergericht differenziert nicht näher zwischen den einzelnen rettungsdienstlichen Ausbildungen. Es gibt „Arzt“ und „Nicht-Arzt“. Dies entsprach schon in einer früheren Entscheidung dem dortigen Sprachgebrauch (Kammergericht, Urteil vom 19. Mai 2016, 20 U 122/15). Persönlich habe ich daher wenig Hoffnung, dass zumindest das Kammergericht den Fall aktuell und beim Einsatz von Notfallsanitätern anders beurteilen würde.

 

Mit einer strukturierten oder standardisierten Notrufabfrage wäre das doch nicht passiert

Dem Fall lag offenbar die Nutzung einer strukturierten Notrufabfrage zugrunde. Das Gericht betont, dass es auf das formelle Ergebnis einer solchen Abfrage nicht ankommt. Beim Hinweis auf eine lebensbedrohliche Situation sei ein Notarzt zu alarmieren. Ein solcher Hinweis habe wegen der Vorerkrankung (Asthma) und den geschilderten Beschwerden hier vorgelegen.

 

Ist das Urteil auf andere Fälle bzw. Bundesländer übertragbar?

Das Urteil ist zunächst mal eine Einzelfallentscheidung. Die Neigung sich einer Rechtsauffassung anzuschließen, hier diesem eher unglücklichem Urteil, wird auch bei anderen Gerichten deutlich vorhanden sein. Zudem stammt die Entscheidung vom Kammergericht, was einem Oberlandesgericht gleichkommt und wurde auch durch den BGH bestätigt. Das Kammergericht hat offenbar auch selbst den Anspruch, einen bundesweiten Standard zu vertreten (KG, Beschluss vom 20. März 2017, dort II. 1. c), juris Rn. 11). Man wird daher in Zukunft davon ausgehen müssen, dass die Gerichte bei einer „Unter-Disposition“ durch die Leitstelle vermehrt einen groben Behandlungsfehler annehmen.

 

Wo finde ich die Entscheidungen?

Die Entscheidungen des Kammergerichts Berlin sind in meinem ersten Artikel unten verlinkt. Die spätere Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist nicht veröffentlicht, dies spricht dafür, dass die Entscheidung des BGH nicht begründet war bzw. nur sehr kurz mit formellen Gründen versehen war. Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs wären also keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten.

Die erste Entscheidung des Landgerichts Berlin ist ebenfalls (bisher) nicht veröffentlicht. Ich gehe aber davon aus, dass diese noch veröffentlicht wird.

 

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Das Fachgespräch in der praktischen Notfallsanitäterprüfung

Sowohl bei der Ergänzungsprüfung für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter als auch bei der Vollprüfung („Staatsexamen“) ist vorgesehen, dass jedes Fallbeispiel durch ein Fachgespräch ergänzt wird. In dem Fachgespräch soll der Prüfling sein Handeln erläutern und begründen sowie die Prüfungssituation reflektieren (§ 17 Abs. 3 NotSan-APrV). Dies gilt auch bei der Ergänzungsprüfung (§ 19 Abs. 1 NotSan-APrV).

Zeitrahmen insgesamt maximal 40 Minuten

Das Fachgespräch gehört also verpflichtend zu jedem Fallbeispiel der praktischen Prüfung. Der gesamte Zeitrahmen für jedes Fallbeispiel, inkl. Dokumentation und Fachgespräch, beträgt zwischen 20 und 40 Minuten (§ 17 Abs. 5 NotSan-APrV).

In der Praxis ist die Ausgestaltung dieses Fachgesprächs höchst unterschiedlich.

Teilweise wird das Fachgespräch dazu genutzt, dem Prüfling umfassende Fragen zu stellen, die deutlich abseits des eigentlichen Fallbeispiels liegen. So sind mir Prüfungsdokumentationen bekannt, in denen der Prüfling umfangreich über Details der Pharmakologie von Medikamenten befragt wurde, welche im Fallbeispiel irrelevant waren. Es handelte sich faktisch um eine weitere mündliche Prüfung.

Gerade dies ist aber nicht vorgesehen.

Fachgespräch soll keine mündliche Prüfung sein

Wie der Begründung der Notfallsanitäter-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (NotSanAPrV) zu entnehmen ist, soll das Fachgespräch die Übungskünstlichkeit der Prüfungssituation ausgleichen. Der Prüfling soll Gelegenheit erhalten, nachzuweisen, dass er in der Lage ist, sein Handeln auf andere Fallkonstellationen zu übertragen, sein Handeln zu begründen und Reflektiosnfähigkeit zu zeigen (Bundesrats-Drucksache 728/13, Seite 49). Ausdrücklich weist die Gesetzesbegründung daraufhin: Es ist allerdings darauf zu achten, dass die Nachfragen der prüfenden Personen nicht zur Situation einer weiteren mündlichen Prüfung führen.

Der Übergang zwischen einem Fachgespräch und einer mündlichen Prüfung kann fließend sein. Spätestens wenn vom Prüfling aber fernliegende Fragen auf hohem Niveau beantwortet werden sollen, wird die Schwelle des von der Ausbildung- und Prüfungsordnung vorgesehen, überschritten sein. Es leigt dann eine (weitere) mündliche prüfung vor, die gesetzlich nicht vorgesehen ist.

Damit kann dann eine Fehlerhaftigkeit der Prüfung vorliegen, die -unabhängig von der gezeigten Leistungen- jedenfalls zur Angreifbarkeit eines Bescheides über das Nicht-Bestehen führen kann.

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Notfallsanitäter-Ergänzungsprüfung: Nur zwei Prüfer in der mündlichen Prüfung?

Ich wurde in meiner mündlichen Ergänzungsprüfung nur durch zwei Prüfer geprüft? War das richtig?

Grundsätzlich muss der mündliche Teil der Ergänzungsprüfung von mindestens zwei Fachprüferinnen oder- prüfern abgenommen werden (§ 18 Abs. 3 Satz 1 NotSan-APrV). Einer dieser Prüfer muss jedoch Ärztin bzw. Arzt mit der Zusatzweiterbildung „Notfallmedizin“ sein (§ 16 Abs. 4 Satz 1 NotSan-APrV). Ferner müssen unter den Prüfern der mündlichen Prüfung zwei Lehrkräfte sein, die an der Schule unterrichten (§ 16 Abs. 4 Nr. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 3 NotSan-APrV).

Eine mündliche Ergänzungsprüfung zum Notfallsanitäter mit nur zwei Prüfern ist also möglich, wenn beide Prüfer Lehrkräfte an der Schule sind und mindestens einer davon Ärztin bzw. Arzt mit der Zusatzweiterbildung „Notfallmedizin“.

Nicht zu verwechseln ist das natürlich mit der Frage, wer überhaupt dem Prüfungsausschuss angehören muss. Zu grundsätzlichen rechtlichen Fragen rund um die (nicht bestandene) Notfallsanitäter-Prüfung darf ich auf meinen Artikel „Notfallsanitäter-Prüfung nicht bestanden: Widerspruch oder nicht?“ hinweisen.

 

Schwerbehinderten-Recht: Fehler bei der Ermittlung des „Grad der Behinderung“ (GdB)

In Schwerbehindertenangelegenheiten wird der sogenannte „Grad der Behinderung“ (GdB) nach entsprechendem Antrag durch das Versorgungsamt ermittelt. Grundlage hierfür ist eine versorgungsmedizinische Bewertung der vorliegenden Einschränkungen bzw. Behinderungen.

Die Ermittlung und Bewertung ist sehr fehleranfällig. Rechtliche Grundlage ist die Versorgungsmedizin-Verordnung und die dort enthaltende GdS/GdB-Tabelle. Diese Tabelle gibt jedoch nur einen gewissen Rahmen vor. Insbesondere sind für einzelne Erkrankungen Bewertungbereiche benannt, z.B. zwischen 20 und 40.

Die Bewertung durch das Versorgungsamt bzw. von dort beauftragte Ärzte fällt häufig relativ niedrig aus. Auch ist zu beobachten, das das  Zusammenwirken mehrerer Einschränkungen  nicht hinreichend berücksichtigt wird.

Der Antragsteller kann solche Fehler häufig nicht selbst feststellen.  In dem Bescheid den der Betroffene erhält, ist die einzelne Bewertung derjeweiligen Beeinträchtigungen in der Regel nicht erkennbar. Dies ist nur erkennbar, wenn man bei der Behörde Akteneinsicht nimmt und somit die entsprechende ärztliche Stellungnahme kennt.

Eine zu niedrige Bewertung einzelner Einschränkungen ist einer der häufigsten Fehlerquellen in Verfahren nach dem Schwerbehindertenrecht.

In der anwaltlichen Tätigkeit ist insofern eine gründliche Auseinandersetzung mit dem Akteninhalt, insbesondere den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und den ärztlichen Befundberichten unerlässlich.

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