Archiv
Keine Erhöhung des Mindestlohnes in der Pflegebranche oder „Will die Bundesregierung uns vera…?“
Mit Ihrer Veröffentlichung vom 19. Juli 2017 tut die Bundesregierung frohe Kunde für Beschäftigte der Pflegebranche kund:
„Der Pflegemindestlohn steigt ab November auf 10,20 Euro pro Stunde im Westen und 9,50 Euro im Osten. Ab Januar 2018 wird er nochmals erhöht. Von diesem Mindestlohn, der über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt, profitieren vor allem Pflegehilfskräfte.“
Eine gute Nachricht dachte ich mir, und machte mich daran, einen Artikel für meinen Blog darüber zu verfassen. Neben der guten Nachricht („Mehr Geld!“) gibt es schließlich um den Mindestlohn diverse arbeitsrechtliche Problemstellungen: Für welche Tätigkeit ist er zu zahlen? Bekomme ich den Mindestlohn auch als Alltagsbegleiterin oder Betreuungskraft? Was ist mit Bereitschaftsdiensten? Was ist, wenn ich als Hauswirtschaftskraft eingestellt bin, tatsächlich aber überwiegend pflege?
Ein kurzer Blick in die aktuell geltende „Zweite Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche“ lässt mich dann aber stutzen:
„Das Mindestentgelt beträgt […] ab dem 1. Januar 2017: 10,20 Euro je Stunde.“ (§ 2 Abs. 1 2. PflegeArbbV).
Hmm, wenn in der aktuellen Verordnung schon ein Mindestlohn von momentan 10,20 € (West) bzw. 9,50 € (Ost) festgelegt ist, wo ist denn dann die von der Bundesregierung angekündigte Steigerung ab November?
Der Unterschied zwischen aktuell 10,20 € und 10,20 € im November beträgt rechnerisch null Cent. Es gibt also keine Steigerung. Die Mitteilung der Bundesregierung ist schlicht falsch.
Richtig ist, dass die erste Steigerung im August 2018 auf dann 10,55 € (West) bzw. 10,05 € (Ost) erfolgt.
Die falsche Mitteillung der Bundesregierung ist aber in der Welt und zum Besipiel von JURIS übernommen worden (richtig hingegen der Beck-Verlag hier).
Mir stellt sich die Frage: Ist die Falschmitteilung ein bedauerliches Versehen oder ein Versuch im Wahljahr nochmal „Schönwetter“ zu machen?
Optimistisch wie ich bin, würde ich ja von einem bedauerlichen Versehen ausgehen. Leider „verkauft“ die Bundesregierung im Moment in nennenswertem Umfang merkwürdige Gesetzesvorhaben. Abgesehen von dem (vorerst gescheitertem) Versuch der drastischen Ausweitung des Handyverbots wird auch ein „Strafverfahrens-Rechte-Abbau-Gesetz“ als „Beschuldigte erhalten in Strafverfahren mehr Rechte“ verkauft.
Angesichts des Gesamtbildes mag ich an ein Versehen nicht glauben. Kommen wir jetzt zu den guten Nachrichten: Es gibt Sommerkino im Kanzleramt! Hurra!