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Geburtstagsfeier oder: Sichere Kapitalanlage mit 4,12 % Verzinsung

Heute feiern wir in der Kanzlei ein wenig. Der Kostenfestsetzungsantrag (KFA) in der Sache der Frau S. wird nämlich ein Jahr alt.

Der Hauptakteur ist (natürlich) nicht da, der muss seinen Geburtstag in den Räumen des Sozialgerichts ein paar Dutzend Kilometer weiter verbringen. Obwohl, so ganz stimmt das nicht, er ist nämlich wohl verreist, aber dazu später mehr. Auf diesem Weg meine herzlichen Glückwünsche, kleiner KFA, ich hoffe Du kannst mit ein paar Kollegen (?) ein wenig feiern.

Aber langsam: Was ist eigentlich ein Kostenfestsetzungsantrag? Wenn man ein Gerichtsverfahren erfoglreich abgeschlossen hat, hat der Kläger, oder hier die Klägerin, nämlich Frau S., Anspruch auf Erstattung seiner Kosten. Die meldet der Anwalt dann durch einen Kostenfestsetzungsantrag (KFA) beim Gericht an. Das Gericht prüft dann die Kosten und setzt diese fest. Mit dem folgenden Kostenfestsetzungsbeschluss (KFB) kann man dann den Gegner zur Zahlung auffordern, im dümmsten Fall auch die Zwangsvollstreckung betreiben.

So ein KFA braucht üblicherweise gar nicht so lange, bis er zum KFB wird. Grob gepeilt 2 Monate muss man hier üblicherweise  einplanen. Da das Gericht unter anderem auch den Gegner fragt, was er von dem Antrag hält, passt das schon. Aber in der Sache der Frau S., das war so ein Mandat, da steckt irgendwie der Wurm drin.

Die Pflegestufe wurde (ja damals hieß das noch nicht Pflegegrad) abgelehnt. Das Widerspruchsverfahren hat die Krankenkasse, die hier als Pflegekasse hantiert, ewig lange liegen gelassen. Ich habe dann nach erster höflicher Anfrage bei der Pflegekasse eine Untätigkeitsklage für Frau S. eingereicht. Das ist ein Rechtsmittel, welches man verwenden kann, wenn eine Behörde einen Antrag oder einen Widerspruch nicht zeitig bearbeitet.

Relativ zügig kam dann auch der ablehnende Widerspruchsbescheid. Im Verfahren der Untätigkeitsklage entschied das Gericht schonmal, das die Pflegekasse die Kosten des Verfahrens tragen muss. Immerhin. Das zwischendurch diese „Kostengrundentscheidung“ trotz meines Antrags vergessen wurde und ein paar Wochen länger auf sich warten ließ, war nur ein kurzes Vorspiel. Das ist aber eben nur die sogenannte Kostengrundentscheidung, dadurch weiß man noch nicht, in welcher Höhe die Kosten übernommen werden. Deswegen muss noch ein KFA folgen.

Eigentlich war dieser KFA auch recht schnell gestellt. Aber: Zwischenzeitlich hatte ich gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid Klage eingereicht und das Gericht war nun der Auffassung, es brauche die Verfahrensakte der Untätigkeitsklage, um die neue eingereichte Klage gegen die Versagung der Pflegestufe bearbeiten zu können. Wieso, ist mir offen gesagt nicht ganz klar, denn so spannend war die Untätigkeitsklage nicht.

Dann gibt es aber natürlich einen Haken: Wenn nämlich die Verfahrensakte der Untätigkeitsklage jetzt ganz woanders ist, nämlich bei der Akte des Hauptsache-Verfahrens, also so zwischen einem und zwölf Zimmern weiter im Gericht, kann das Gericht, also am ehesten der bearbeitenden Rechtspfleger, natürlich nicht den Kostenfestsetzungsantrag bearbeiten. Von Aktenkopien oder gar digitaler Aktenführung hält man in der Justiz noch nicht ganz so viel.

Immerhin, als ich dann nach einigen Monaten höflich nachfragte, was denn mein KFA so mache, forderte der Sachbearbeiter die Akte an. Er schrieb also dem Richter (ein bis zwölf Zimmer weiter) einen höflichen Brief und bat um Rückgabe der Akte. Leider benötigte der Richter die Akte noch, sie war „nicht abkömmlich“. Ich ging etwas naiv davon aus, dass die Akte dem Rechtspfleger dann bei „Abkömmlichkeit“ schon vorgelegt und der KFA beschieden würde.

Etwa drei Monate später fragte ich erneut an. Der wackere Sachbearbeiter forderte die Akte erneut an. Diesmal erlebte der KFA aber bereits sein erstes großes Abenteuer: Er war nämlich mit seiner Bruder-Akte vom Hauptsache-Verfahren zu einem Sachverständigen gereist, der meine Mandantin untersuchen sollte. Die Akte war quasi auf einem Familienausflug irgendwo in einer Arztpraxis oder einem Krankenhaus in diesem Land. Folgerichtig konnte der KFA natürlich weiter nicht bearbeitet werden, Sie wissen schon: Aktenkopien oder digitale Aktenführung gibt es nicht…

Und so sitzen wir, bei einem Kaffee und einem guten Stück Kuchen (wenn nicht selbst gebacken, empfehle ich übrigens Auffenberg) und vermissen ein wenig den Hauptakteur der Geburtstagsfeier…

Ach so: Was hat das jetzt mit sicherer Kapitalanlage zu tun? Nun ja Schuldner ist eine Kranken- bzw. Pflegekasse, der ich grundsätzlich Liquidität unterstelle. Die irgendwann mal festgesetzte Summe wird mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Antragseingang verzinst (§ 197 Abs. 1 SGG, § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Zumindest wenn man das beantragt, was ich immerhin getan habe. Bei einem negativem Basiszinssatz  von -0,88% ergibt das immerhin 4,12% Zinsen p.a. Bei nahezu sicherer Anlage dürfte das mehr sein, als man auf dem Kapitalmarkt derzeit rausholen kann. Wenn man dann noch wegen der überlangen Bearbeitungsdauer zwischenzeitlich förmlich eine Verzögerungsrüge einlegt kann man sich (bzw. der Mandantin) einen Bonus von bis zu 100,-€ pro Monat der Verzögerung sichern. So betrachtet, ist das natürlich großartig, wenngleich die praktische Umsetzung der Entschädigungsleistung dann wieder eine andere Baustelle ist.

Kategorie: Allgemein ·Unterhaltung | von: Guido C. Bischof
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