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Geschützt: Weiterbildung NotSan-Praxisanleiter: Rechtliche Aspekte

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Kategorie: Arbeitsrecht ·Rettungsdienst-Recht | von: Guido C. Bischof
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Warum Rettungsfachpersonal auch vermeintliche „Bagatellfälle“ nicht ablehnen und zuhause lassen sollte

Als ich gerade eine eMail verfasste, mir fiel auf, dass ich das Urteil des Kammergerichts vom 19. Mai 2016, 20 U 122/15 hier noch gar nicht kommentiert habe. Dabei ist dies eine wichtige Gerichtsentscheidung zu der Frage, warum Rettungsfachpersonal juristisch betrachtet auch einen Bagatellfall nicht ablehnen und zuhause lassen sollte.  Also denn:

Der Fall:

Ein Rettungswagen wurde morgens gegen 7.00 Uhr zu einem Patienten mit Brustschmerzen alarmiert. Die Rettungsassistenten waren der Auffassung, es läge keine kardiale Ursache vor. Sie hielten also einen Herzinfarkt oder ähnliches für ausgeschlossen. Vielmehr ging das Rettungsdienst-Personal davon aus, dass beim Patienten Intercostalbeschwerden vorlagen, also Muskel- oder Nervenschmerzen an der Brustwand. Das Rettungsfachpersonal verwies den Patienten an seinen Hausarzt und führte keinen Krankenhaustransport durch.

Der später am selben Tag konsultierte Hausarzt veranlasste eine Klinikeinweisung. Im Krankenhaus wurde ein Herzinfarkt festgestellt. Der Patient erlitt während einer sodann durchgeführten Herzkatheteruntersuchung einen Schlaganfall. Es wurden mehrere Stents gesetzt. Die damit verbundenen Folgen seien letztlich auch für eine Verstärkung einer chronisch depressiven Verstimmung des Klägers ursächlich.

Die Entscheidung:

Das Landgericht Berlin hat den Träger des Rettungsdienstes zu 10.000,-€ Schmerzensgeld verurteilt. Das Kmmergericht (Oberlandesgericht Berlin) bestätigte diese Entscheidung mit folgenden Leitsätzen:

  • Ein über akute Brustschmerzen klagender Patient muss, sofern die Schmerzen nicht offensichtlich eine herzfremde Ursache haben, einer notärztlichen Abklärung zugeführt werden.
  • Es übersteigt die Kompetenz eines Rettungsassistenten, unklare Brustschmerzen diagnostisch einem herzfremden Krankheitsbild zuzuordnen.
  • Nimmt Rettungsfachpersonal eine entsprechende Einordnung vor, wird es im Kompetenzbereich des Arztes tätig, was eine Anwendung der zur Arzthaftung entwickelten Beweislastregeln gestattet (hier: grober Behandlungsfehler mit entsprechender Beweislastumkehr)

Fazit:

Einmal mehr eine Entscheidung, die Rettungsassistenten und Notfallsanitäter zu äußerster Zurückhaltung mahnt, einen Patienten „abzulehnen“. Auch wenn der Eindruck entsteht, der Rettungsdienst wäre für eine Bagatelle oder gar mißbräuchlich als „Blaulicht-Taxi“ alarmiert worden,  sollten Patienten nur auf deren eigenen Wunsch und mit entsprechender ausführlicher Dokumentation zuhause gelassen werden. Transportverweigerungen durch den Rettungsdienst sollten unterbleiben, da sie juristisch riskant sind. Im vorliegenden Fall hat es primär finanziell den Träger des Rettungsdienstes „erwischt“. Allerdings besteht bei vergleichbaren Fällen durchaus auch ein Risiko, dass der Dienstherr bzw. Arbeitgeber beim Mitarbeiter Regress nimmt. Daneben sind auch strafrechtliche Folgen gut denkbar.

Zum Vorgehen bei einem verweigernden Patienten darf ich auf

hinweisen.

Haben Sie Fragen zum Rettungsdienst-Recht oder benötigen Sie einen Referenten für Ihre Veranstaltung? Nehmen Sie gerne Kontakt auf!

Kann Rettungsfachpersonal einen Patienten aufklären?

…ist die Überschrift und Fragestellung eines Kurzbeitrags, den ich auf der Seite des S&K-Verlags veröffentlicht habe:

 

https://www.skverlag.de/rettungsdienst/meldung/newsartikel/kann-rettungsfachpersonal-einen-patienten-aufklaeren.html

Rechtliche Aspekte der Rettungsdienst-Ausbildung – Vortrag auf dem 4. Symposium Lernfeld Rettungsdienst

Die Folien meines Vortrages beim 4. Symposium Lernfeld Rettungsdienst zu ausgewählten rechtlichen Aspekten der Rettungsdienst-Ausbildung  stehen für alle Interessierten hier zum Download bereit:

2018-04-17 Rechtsfragen Bischof

An dieser Stelle nochmals meinen Dank an alle Teilnehmenden und den S&K-Verlag, es hat mir viel Freude bereitet.

Das Fachgespräch in der praktischen Notfallsanitäterprüfung

Sowohl bei der Ergänzungsprüfung für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter als auch bei der Vollprüfung („Staatsexamen“) ist vorgesehen, dass jedes Fallbeispiel durch ein Fachgespräch ergänzt wird. In dem Fachgespräch soll der Prüfling sein Handeln erläutern und begründen sowie die Prüfungssituation reflektieren (§ 17 Abs. 3 NotSan-APrV). Dies gilt auch bei der Ergänzungsprüfung (§ 19 Abs. 1 NotSan-APrV).

Zeitrahmen insgesamt maximal 40 Minuten

Das Fachgespräch gehört also verpflichtend zu jedem Fallbeispiel der praktischen Prüfung. Der gesamte Zeitrahmen für jedes Fallbeispiel, inkl. Dokumentation und Fachgespräch, beträgt zwischen 20 und 40 Minuten (§ 17 Abs. 5 NotSan-APrV).

In der Praxis ist die Ausgestaltung dieses Fachgesprächs höchst unterschiedlich.

Teilweise wird das Fachgespräch dazu genutzt, dem Prüfling umfassende Fragen zu stellen, die deutlich abseits des eigentlichen Fallbeispiels liegen. So sind mir Prüfungsdokumentationen bekannt, in denen der Prüfling umfangreich über Details der Pharmakologie von Medikamenten befragt wurde, welche im Fallbeispiel irrelevant waren. Es handelte sich faktisch um eine weitere mündliche Prüfung.

Gerade dies ist aber nicht vorgesehen.

Fachgespräch soll keine mündliche Prüfung sein

Wie der Begründung der Notfallsanitäter-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (NotSanAPrV) zu entnehmen ist, soll das Fachgespräch die Übungskünstlichkeit der Prüfungssituation ausgleichen. Der Prüfling soll Gelegenheit erhalten, nachzuweisen, dass er in der Lage ist, sein Handeln auf andere Fallkonstellationen zu übertragen, sein Handeln zu begründen und Reflektiosnfähigkeit zu zeigen (Bundesrats-Drucksache 728/13, Seite 49). Ausdrücklich weist die Gesetzesbegründung daraufhin: Es ist allerdings darauf zu achten, dass die Nachfragen der prüfenden Personen nicht zur Situation einer weiteren mündlichen Prüfung führen.

Der Übergang zwischen einem Fachgespräch und einer mündlichen Prüfung kann fließend sein. Spätestens wenn vom Prüfling aber fernliegende Fragen auf hohem Niveau beantwortet werden sollen, wird die Schwelle des von der Ausbildung- und Prüfungsordnung vorgesehen, überschritten sein. Es leigt dann eine (weitere) mündliche prüfung vor, die gesetzlich nicht vorgesehen ist.

Damit kann dann eine Fehlerhaftigkeit der Prüfung vorliegen, die -unabhängig von der gezeigten Leistungen- jedenfalls zur Angreifbarkeit eines Bescheides über das Nicht-Bestehen führen kann.

Rechtliche Probleme bei der Notfallsanitäter-Prüfung oder im Rettungsdienst allgemein? Nehmen Sie gerne Kontakt auf!

Patientengefährdung bei der Notfallsanitäter-Prüfung: Durchgefallen?

„Ich bin durchgefallen, weil ich den Patienten gefährdet habe“: eine Entscheidung des Prüfungsausschusses die komplett nachvollziehbar erscheint. „Primum non nocere“, niemand möchte einen Notfallsanitäter, der dem Patienten noch schadet oder ihn nur gefährdet. In vielen Dokumentationsformularen zur Ergänzungsprüfung ist daher  auch ein Hinweis enthalten, dass die Prüfung bei einer Patientengefährdung als „nicht bestanden“ zu bewerten ist.

Aber: Ganz so einfach ist es nicht.

Tatsächlich ist eine Patientengefährdung nicht automatisch und unmittelbar mit einem Nicht-Bestehen der Ergänzungsprüfung verbunden. Die Gesetzesbegründung führt dazu aus

Bei der Bewertung der einzelnen Fallbeispiele wird auf eine explizite Vorgabe für den Fall des Versterbens der Patientin oder des Patienten verzichtet. Die Fachprüferinnen und Fachprüfer sind viel mehr gehalten, ihn in geeigneter Form in ihre Benotung der einzelnen Fallbeispiele einzubeziehen. Das gilt gleichermaßen für gravierende Fehlleistungen der Prüflinge, die zu einer vitalen Gefährdung der Patientinnen oder Patienten führen können.

(vergleiche Bundesrats-Drucksache 728/13, Seite 49)

Patientenschädigungen oder -gefährdungen können also grundsätzlich zum Nicht-Bestehen der Notfallsanitäter-Ergänzungsprüfung führen. Die Prüfer sollen ein derartiges Verhalten „in geeigneter Form“ in ihre Bewertung einbeziehen. Das heißt aber auch: Eine automatische Bewertung des Kandidaten als „durchgefallen“ ist nicht zwingend. Insbesondere wenn in solchen Fällen die Dokumentation der Prüfung unzureichend ist, mithin eben die Begründung des Nicht-Bestehens, können derartige Entscheidungen mit hohen Erfolgsaussichten angefochten werden.

Die rechtliche Situation ist tatsächlich noch etwas komplizierter: Denn wenn eine solche Entscheidung gründlich dokumentiert vom Prüfungsausschuss getroffen wird, kann immer noch z. B. der Prüfungsausschuss nicht wirksam bestellt oder besetzt sein. Die Entscheidung, mag sie inhaltlich noch so richtig sein, ist dann dennoch im Widerspruchverfahren aufzuheben.

Diese Feinheiten der Prüfung und der Prüfungsdokumentation sind aber häufig nur nach umfassender Akteneinsicht feststellbar. Ich weise insofern auf meinen Artikel „Notfallsanitäter-Prüfung nicht bestanden: Widerspruch oder nicht?“ hin.

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Notfallsanitäter-Ergänzungsprüfung: Nur zwei Prüfer in der mündlichen Prüfung?

Ich wurde in meiner mündlichen Ergänzungsprüfung nur durch zwei Prüfer geprüft? War das richtig?

Grundsätzlich muss der mündliche Teil der Ergänzungsprüfung von mindestens zwei Fachprüferinnen oder- prüfern abgenommen werden (§ 18 Abs. 3 Satz 1 NotSan-APrV). Einer dieser Prüfer muss jedoch Ärztin bzw. Arzt mit der Zusatzweiterbildung „Notfallmedizin“ sein (§ 16 Abs. 4 Satz 1 NotSan-APrV). Ferner müssen unter den Prüfern der mündlichen Prüfung zwei Lehrkräfte sein, die an der Schule unterrichten (§ 16 Abs. 4 Nr. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Nr. 3 NotSan-APrV).

Eine mündliche Ergänzungsprüfung zum Notfallsanitäter mit nur zwei Prüfern ist also möglich, wenn beide Prüfer Lehrkräfte an der Schule sind und mindestens einer davon Ärztin bzw. Arzt mit der Zusatzweiterbildung „Notfallmedizin“.

Nicht zu verwechseln ist das natürlich mit der Frage, wer überhaupt dem Prüfungsausschuss angehören muss. Zu grundsätzlichen rechtlichen Fragen rund um die (nicht bestandene) Notfallsanitäter-Prüfung darf ich auf meinen Artikel „Notfallsanitäter-Prüfung nicht bestanden: Widerspruch oder nicht?“ hinweisen.

 

Abbruch der Notfallsanitäter-Ausbildung: Erstattung der Ausbildungskosten durch den Azubi?

Ich hatte kürzlich schon über einen Ausbildungsvertrag für Notfallsanitäter-Azubis berichtet, der eine unzulässige lange Probezeit enthielt.

Jetzt ist mir ein Ausbildungsvertrag mit folgender Formulierung untergekommen:

Beim Abbruch der Ausbildung müssen die bis dahin entstandenen Kosten (beispielsweise für Lehrgangskosten, Führerschein Klasse C1, etc.) zurückerstattet werden.

 

Aus Sicht des Ausbildenden, also des Ausbildungsbetriebs, in der Sprache des NotSanG des „Ausbildungsträgers“ ein gut nachvollziehbares Ansinnen. Die Kosten der Notfallsanitäter-Ausbildung sind gut fünfstellig, dagegen ist der Azubi im Vergleich zum Rettungsassistenten weniger im Betrieb und nur eingeschränkt als Arbeitskraft „verwendbar“.

Rechtlich spannend ist aber die Frage: Kann man das wirksam so vereinbaren? Auch wenn eine solche Klausel im Ausbildungsvertrag steht, kann sie unwirksam sein, und ist dann das Papier nicht wert, auf dem sie steht.

§ 20 Abs. 3 NotSanG regelt:

Nichtig ist auch eine Vereinbarung über

1.die Verpflichtung der Schülerin oder des Schülers, für die Ausbildung eine Entschädigung oder Schulgeld zu zahlen,

Man mag nun rechtlich darüber diskutieren, ob eine Entschädigung für den Abbruch der Ausbildung –so die obige Vertragsklausel- denn auch eine Entschädigung für die Ausbildung im Sinne des § 20 Abs. 3 NotSanG ist. Allerdings geht das NotSanG von einer grundsätzlichen Kostentragung der Ausbildungskosten durch den Ausbildungsträger aus (vgl. § 13 Abs. 1 NotSanG). Ferner kann der Auszubildende auch nach Ablauf der Probezeit kündigen, vgl. § 18 Abs. 2 Nr. 2 NotSanG. Insgesamt ist dann schon aus Sicht des NotSanG kein Grund darstellbar, wieso der Schüler Kosten bei Abbruch der Ausbildung tragen soll.

Die oben beschriebene Vertragsklausel wird also unwirksam sein. Nebenbei bemerkt würde die Rückzahlungsklausel mit höchster Wahrscheinlichkeit auch unwirksam sein, weil sie zu unbestimmt ist, vgl.“Rückzahlungsklauseln bei Fortbildungen oft unwirksam„.

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Kategorie: Arbeitsrecht ·Rettungsdienst-Recht | von: Guido C. Bischof
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