Kanzlei Bischof

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Allgemein

Beitrag Im Einsatz: Kinder und Jugendliche im Einsatzgeschehen

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Im Einsatz“ aus dem S&K-Verlag findet sich ein Beitrag von mir zum Thema „Rechtliche Betrachtung für Einsatzkräfte und Betroffene: Kinder und Jugendliche im Einsatzgeschehen“.

Cover-Bild „Im Einsatz“ 1/2021, (C) S&K-Verlag

Ein Link zum Verlag findet sich hier.

In dem Beitrag befasse ich mich unter anderem mit minderjährigen NotSan-Auszubildenden und mit sonstigen minderjährigen Einsatzkräften.

Pandemie: Wir sind telefonisch, per Post und per eMail für Sie da

Aufgrund der derzeitigen pandemischen Lage führen wir zu Ihrer und unserer Sicherheit keine persönlichen Besprechungen durch.

Wir sind telefonisch, per eMail und klassischer Post für Sie erreichbar.

Kategorie: Allgemein | von: Guido C. Bischof

Weihnachten und Jahreswechsel

 

Auf diesem Wege wünsche ich allen Leserinnen und Lesern

ein frohes Weihnachtsfest

und ein gutes neues Jahr 2019

 

 

 

Kategorie: Allgemein ·Unterhaltung | von: Guido C. Bischof

Grober Behandlungsfehler durch Rettungs-Leitstelle: Beweislastumkehr

Das Kammergericht Berlin hat den Träger einer Rettungsleitstelle zu Schadensersatz in Höhe von ca. 350.000,-€ verurteilt. Die Alarmierung nur eines Rettungswagens (RTW) zu Atembeschwerden eines Asthmapatieten sei ein „grober Behandlungsfehler“ gewesen. Damit werden die Grundsätze des groben Behandlungsfehlers erstmals auch auf die Notruf-Bearbeitung in der Rettungs-Leitstelle angewendet. Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung bestätigt.

„Atembeschwerden“ vs. „Atemnot“: Notarztindikation

Im konkreten Fall war der Leitstelle beim Notruf von einem Dritten „Atembeschwerden bei einem Asthmapatienten“ geschildert worden. Die Leitstelle alarmierte daraufhin einen Rettungswagen (RTW), jedoch keinen Notarzt. Die Leitstelle nutzte dabei ein standardisiertes Abfrageverfahren. Der Notarzt wurde erst von der RTW-Besatzung nachalarmiert, es entstand eine zeitliche Verzögerung von ca. 10 Minuten.

Nachdem der Patient später verstorben war, machte die Krankenversicherung des Patienten gegen den Träger des Rettungsdienstes Schadensersatz geltend. Die Krankenversicherung behauptete, durch die um ca. 10 Minuten verzögerte ärztliche Behandlung seien diverse Gesundheitsschäden bis hin zur Schwerstpflegebedürftigkeit eingetreten.

Das Kammergericht Berlin gab der Versicherung Recht und verurteilte den Träger des Rettungsdienstes zu Schadensersatz von ca. 350.000,-€.

Selbst wenn der Leitstelle nur Atembeschwerden geschildert worden wären, hätte diese bei einem bekanntem Asthma-Patienten einen Notarzt alarmieren müssen. Die Nicht-Alarmierung eines Notarztes und Entsendung lediglich eines RTW sei dann ein grober Behandlungsfehler. Wörtlich schreibt das Kammergericht von „mit der Behandlung per se überforderten Rettungssanitätern“.

Grober Behandlungsfehler und Beweislastumkehr

Dieser grobe Behandlungsfehler können auch von nicht-ärztlichem Leitstellen-Personal begangen werden. Das Kammergericht vergleicht das Leitstellen-Personal insofern mit einer in der Notaufnahme tätigen Krankenschwester, die eine „Vordiagnose“ vornimmt.

Rechtliche Folge des groben Behandlungsfehlers ist dann eine Beweislastumkehr zugunsten des Patienten bzw. hier zugunsten der Krankenversicherung. Der beklagte Träger des Rettungsdienstes hätte nun nachweisen müssen, dass durch die verzögerte ärztliche Behandlung (hier um ca. 10 Minuten) dem Patienten kein Schaden entstanden ist. Dieser Gegenbeweis ist schwierig bis unmöglich zu führen.

Die Entscheidung des Kammergerichts ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof hat die Beschwerde hiergegen zurückgewiesen.

Damit wird das Instrument des groben Behandlungsfehlers mit beweisrechtlich erheblichen Folgen nicht nur auf den Einsatz von Rettungsfachpersonal (Kammergericht, Urteil vom 19. Mai 2016, 20 u 122/15) und beim Hausnotruf (Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. Mai 2017, III ZR 92/16) angewandt, sondern auch auf die Leitstellen-Tätigkeit weiter ausgedehnt. Eine kompakte rechtliche Einschätzung folgt hier in Kürze.

 

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 20. März 2017, 20 U 147/16

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 19. Juni 2017, 20 U 147/16

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13. März 2018, VI ZR 324/17 (nicht veröffentlicht)

Beratungshilfe?

Natürlich übernehme ich auch Mandate auf der Basis von Beratungshilfe. Zum einen bin ich dazu rechtlich verpflichtet, zum anderen halte ich es im Sinne eines sozialen Kitts in der Gesellschaft für notwendig, sich auch für wirtschaftliche Schwächere einzusetzen.

Allerdings: Entsprechende Mandantinnen und Mandanten müssen den Beratungshilfeschein selbst beantragen und zum ersten Termin mitbringen.

Mit den entsprechenden Unterlagen (Personalausweis, Einkommensnachweise, ggf. Schriftwechsel) ist das oftmals problemlos beim zuständigen Amtsgericht in einem persönlichen Termin möglich. Die Beantragung von Beratungshilfe durch mich für den Mandanten führt hingegen leider oftmals zu einem wochen- bis monatelangem Schriftwechsel mit dem Gericht.

Ein Beispiel:

Herr M erscheint und wünscht die Übernahme einer Sache gegen seine Pflegeversicherung. Herr M. ist mittelos und habe schon einen Beratungshilfeschein, diesen aber zu Hause vergessen. Ich zweifele kurz, glaube aber Herrn M und dieser sagt zu, den Beratungshilfeschein kurzfristig hereinzubringen. Fristwahrend lege ich also schonmal Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse ein.

Am nächsten Morgen ist ein Umschlag von Herrn M. im Briefkasten. Leider kein Beratungshilfeschein, sondern ein Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe. In einer anderen Handschrift ist dort ein gerichtliches Aktenzeichen eingetragen. Auf telefonische Nachfrage teilt Herr M mit, dass Gericht habe ihm das so gegeben, das müsse der Anwalt einreichen.

Das ist so halb richtig, denn a) muss ich den Antrag nicht einreichen, vgl. § 16a Abs. 2 BORA und b) hätte das Gericht grundsätzlich auch gleich den Bewilligungsschein erteilen können und Herrn M nicht lediglich ein Antrags-Formular überreichen können.

Ich sende dieses Formular dann kommentarlos an das Amtsgericht am 2. Juni.

Schon zehn Tage später, das ist tatsächlich relativ zügig, fragt das Gericht schriftlich nach, wann ich die Tätigkeit für Herrn M denn aufgenommen habe. Hintergrund: Nach § 6 Abs. 2 Beratungshilfegesetz l muss der Antrag spätestens vier Wochen nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt werden, sonst gibt es kein Geld mehr vom Staat. Also eine erste kritische Nachfrage durch das Gericht, ob der Anspruch überhaupt besteht. Ich antworte noch am selben Tag, dem 12. Juni.

Zehn Tage später, am 22. Juni, hat das Gericht ein neues Schreiben und eine neue Frage: Worum geht es eigentlich? Die Angabe in dem Antrag „Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse vom ….“ sei doch zu pauschal und aus dem in Kopie beigelegten Bescheid der Pflegekasse könne man keine Fehler erkennen. Eine Antwort habe innerhalb von 2 Wochen zu folgen, sonst würde der Antrag abgelehnt.

Nun ja, in den Bescheiden der Pflegekasse steht relativ selten so etwas wie „Den zugrundegelegten Hilfebedarf haben wir unter Mitwirkung des MDK so niedrig angesetzt, dass sie keine Leistungen erhalten. Das machen wir so, weil wir gerne das Geld sparen und viele Menschen keinen Widerspruch einlegen“

Ich lasse mir etwas mehr Zeit und teile dem Gericht am 1. Juli konkrete Bedenken gegen den Bescheid mit. Nur zur Klarstellung: Wir befinden uns in dem Verfahren um die Bewilligung von Beratungshilfe. Also bei der Frage, ob ich aus der Staatskasse eine Vergütung für die Tätigkeit zugunsten des Herrn M bekomme.

Dann ist Schweigen im Walde, keine Bewilligung, keine Nachfrage. Also frage ich am 7. August, also nach 6 Wochen, mal nach, was die Sache macht.

2 Wochen später schreibt mir die Rechtspflegerin, sie benötige für die Bewilligung der Beratungshilfe die Widerspruchsbegründung. Wenn diese nicht innerhalb von 2 Wochen vorliegt, gehe sie von einer Rücknahme des Widerspruchs aus.

Mir platzt der Kragen und ich schreibe am 21. August dem Gericht:

 

1.

Eine Widerspruchsbegründung liegt nicht vor. Die Gewährung der Beratungshilfe soll gerade die Kostendeckung für die Begründung des Widerspruchs sicherstellen. Ich werde die Widerspruchsbegründung also erst fertigen, wenn eine Entscheidung über die Beratungshilfe vorliegt.

Inhaltlich darf ich auf mein Schreiben vom 1. Juli hinsichtlich konkreter Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides hinweisen.

Bewertungsmaßstab dürfte hier die Frage sein, ob die Inanspruchnahme der Beratungshilfe mutwillig erscheint (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 BerHG) . Dies ist nach hiesiger Auffassung nicht ansatzweise erkennbar.

2.

Für den Antragsteller erfolgt klarstellend der Hinweis,  dass von einer Rücknahme des Antrags nicht auszugehen ist.

Die Angelegenheit wird von hier aus als ausgeschrieben betrachtet, ich bitte um Entscheidung.

Dann passiert etwas Unerwartetes: Eine gute Woche später, am 29. August, habe ich tatsächlich den Beratungshilfe-Schein in der Post. Nunmehr, nachdem ich fast 3 Monate lang mit Gericht geschrieben habe, damit mein mitteloser Mandat Beratungshilfe bekommt.

Immerhin werde ich für die gesamte Tätigkeit, also einschließlich der Führung des Widerspruchsverfahrens, nahezu „fürstlich“ entlohnt werden. Die Staatskasse zahlt ganze 121,38 €. Vom (mittelosen) Mandanten kann ich einen Eigenanteil von 15 € kassieren, macht insgesamt 136,38 €. Zum Vergleich: Hätte Herr M mich als Selbstzahler beauftragt, wären bei einer Standardabrechnung gemäß  Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) schon Kosten von 380,80 € entstanden.

Aus der Staatskasse erhalte ich also nur ein gutes Drittel der gesetzlichen Vergütung. Wahrscheinlich, weil die wochenlange Korrespondenz mit dem Gericht um die Bewilligung der Beratungshilfe nahezu vergnügungssteuerpflichtig ist.

Deshalb: Beratungshilfe: ja, bitte. Aber nur, wenn sie einen entsprechenden Berechtigungsschein zum ersten Termin bei mir mitbringen.

Einen Beratungshilfesschein erkennen Sie übrigens daran, dass groß „Bewilligung“ oder „Berechtigungsschein“ drüber steht. Wenn Sie ein Formular mit der Überschrift „Antrag auf Bewilligung von Beratungshilfe“ erhalten, ist das eben nur das Antragsformular.

Kategorie: Allgemein ·Pflegerecht | von: Guido C. Bischof
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Warum dauert ein Gerichtsverfahren so lange?

Schon beim ersten Gespräch in meiner Kanzlei, spätestens aber wenn sich die Akte in Richtung Klageerhebung entwickelt, versuche ich Mandanten darauf vorzubereiten, dass ein Gerichtsprozess in der Regel nicht innerhalb weniger Wochen abgeschlossen ist. Gerade in Arzthaftungssachen, dauert ein Verfahren ohne das es zu zusätzlichen Verzögerung kommen problemlos 1 1/2 bis 2 Jahre. In einer Instanz. Die etwaige Rechtsmittelinstanz schließt sich dann an.

Wenn die Klage eingereicht wird, fordert das Gericht zunächst einen Vorschuss der kompletten Gerichtskosten beim Kläger an. Erst danach wird die Klage zugestelt und der Beklagte erhält midnestnes vier Wochen Frist, um sich inhaltlich zur Klage zu äußern. Bis dann die Erwiderung des Beklagten beim Kläger ankommt, sind so problemlos zwei Monate vergangen. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, das jedes Schreiben einer Parte etwa einen Monat in Anspruch nimmt.

Zu diesem Zeitablauf tragen auch die manchmal etwas merkwürdigen Postlaufzeit ab und innerhalb des Gerichts bei. Hier ein Beispiel aus dem Jahr 2016:

Das Schreiben des Gerichts stammt vom 1. Juni. Ob es an diesem Datum nur diktiert wurde oder tatsächlich schon geschrieben, weiß ich nicht. Der Brief gerät dann jedenfalls erst am 10. Juni in die Post (vgl. Briefumschlag). In meiner Kanzlei kommt er dann am 14. Juni an. Zwischen dem Datum des Schreibens und dem Posteingang bei mir, liegen also schon kanpp 2 Wochen. Wenn ich dann zur Bearbeitung noch zwei oder drei Tage benötige, sind problemlos 3 Wochen vergangen, bevor mein Mandant von dem Schreiben Kenntnis erhält.

Ein etwas aktuelleres Beispiel:

Das Schreiben einer anderen Kanzlei datiert vom 20. Oktober 2017 und ist -vermutlich- vorab gefaxt worden. Das Original mit Abschriften, vgl. § 133 Zivilprozessordnung, kommt aber erst am 7. November 2017 bei Gericht an. Es sind also mittlerweile 2 1/2 Wochen vergangen. Das Gericht leitet das Schreiben relativ zügig weiter und ich erhalte es am 14. November, also gute drei Wochen, nachdem das Schreiben verfasst wurde.

Ab dem 1. Januar 2018 wird übrigens das „besondere elektronische Anwaltspostfach“ (beA) eingeführt. Dann sollen zumindest die Anwälte für die Gerichte verpflichtend per besonderer elektronischer Post erreichbar sein. Schauen wir mal, ob das Prozesse schneller vorangehen lässt.

Kategorie: Allgemein ·Unterhaltung | von: Guido C. Bischof
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Welche Vorteile habe ich eigentlich von einem „Schwerbehinderten-Ausweis“?

Insofern ist zu zunächst zu unterscheiden, ob eine Behinderung oder eine Schwer-Behinderung vorliegt. Eine Behinderung ist gegeben, wenn das Versorgungsamt einen Grad der Behinderung (GdB) unter 50 feststellt. Mit einem GdB von 50 oder höher gilt man als „schwerbehindert“.

Vorteile mit einem GdB ab 50

  • Behinderten-Pauschbetrag bei der Steuererklärung
    Abhängig vom GdB können Sie einen steuerlichen Freibetrag in unterschiedlicher Höhe geltend machen
  • Besonderer Kündigungsschutz
    Schwerbehinderte Menschen können nur mit Zustimmung des Integrationsamtes von Ihrem Arbeitgeber gekündigt werden
  • Höherer Urlaubsanspruch
    Schwerbehinderte Menschen haben Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von einer Woche im Urlaubsjahr (regelmäßig fünf Arbeitstage)
  • Früherer Rentenbeginn
    Unter bestimmten Voraussetzungen ist ein Rentenbeginn mit Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Insbesondere müssden dazu 35 Beitragsjahre erfüllt sein.

Vorteile mit einem GdB unter 50

  • Behinderten-Pauschbetrag bei der Steuererklärung
    Wenn die Behinderung zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt hat oder durch eine typische Berufskrankheit entstanden ist
  • Ab einem GdB von 30 besteht die Möglichkeit durch einen Antrag bei der Arbeitsagentur einem schwerbehindertem Menschen gleichgestellt zu werden

 

Zusätzliche Nachteilsausgleiche, zum Beispiel ein Parkausweis für Behindertenparkplätze, sind je nach konkreten Einschränkungen möglich.

Falls Sie sich fragen, ob die Bewertung Ihrer Behinderung zutreffend ist, empfehle ich meinen Artikel „Schwerbehinderten-Recht: Fehler bei der Ermittlung des „Grad der Behinderung“ (GdB)“

Haben Sie Fragen zum Thema „Grad der Behinderung“ oder zum Schwerbehinderten-Recht allgemein? Nehmen Sie gerne Kontakt auf!

Kategorie: Allgemein ·Medizinrecht ·Pflegerecht | von: Guido C. Bischof
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Geburtstagsfeier oder: Sichere Kapitalanlage mit 4,12 % Verzinsung

Heute feiern wir in der Kanzlei ein wenig. Der Kostenfestsetzungsantrag (KFA) in der Sache der Frau S. wird nämlich ein Jahr alt.

Der Hauptakteur ist (natürlich) nicht da, der muss seinen Geburtstag in den Räumen des Sozialgerichts ein paar Dutzend Kilometer weiter verbringen. Obwohl, so ganz stimmt das nicht, er ist nämlich wohl verreist, aber dazu später mehr. Auf diesem Weg meine herzlichen Glückwünsche, kleiner KFA, ich hoffe Du kannst mit ein paar Kollegen (?) ein wenig feiern.

Aber langsam: Was ist eigentlich ein Kostenfestsetzungsantrag? Wenn man ein Gerichtsverfahren erfoglreich abgeschlossen hat, hat der Kläger, oder hier die Klägerin, nämlich Frau S., Anspruch auf Erstattung seiner Kosten. Die meldet der Anwalt dann durch einen Kostenfestsetzungsantrag (KFA) beim Gericht an. Das Gericht prüft dann die Kosten und setzt diese fest. Mit dem folgenden Kostenfestsetzungsbeschluss (KFB) kann man dann den Gegner zur Zahlung auffordern, im dümmsten Fall auch die Zwangsvollstreckung betreiben.

So ein KFA braucht üblicherweise gar nicht so lange, bis er zum KFB wird. Grob gepeilt 2 Monate muss man hier üblicherweise  einplanen. Da das Gericht unter anderem auch den Gegner fragt, was er von dem Antrag hält, passt das schon. Aber in der Sache der Frau S., das war so ein Mandat, da steckt irgendwie der Wurm drin.

Die Pflegestufe wurde (ja damals hieß das noch nicht Pflegegrad) abgelehnt. Das Widerspruchsverfahren hat die Krankenkasse, die hier als Pflegekasse hantiert, ewig lange liegen gelassen. Ich habe dann nach erster höflicher Anfrage bei der Pflegekasse eine Untätigkeitsklage für Frau S. eingereicht. Das ist ein Rechtsmittel, welches man verwenden kann, wenn eine Behörde einen Antrag oder einen Widerspruch nicht zeitig bearbeitet.

Relativ zügig kam dann auch der ablehnende Widerspruchsbescheid. Im Verfahren der Untätigkeitsklage entschied das Gericht schonmal, das die Pflegekasse die Kosten des Verfahrens tragen muss. Immerhin. Das zwischendurch diese „Kostengrundentscheidung“ trotz meines Antrags vergessen wurde und ein paar Wochen länger auf sich warten ließ, war nur ein kurzes Vorspiel. Das ist aber eben nur die sogenannte Kostengrundentscheidung, dadurch weiß man noch nicht, in welcher Höhe die Kosten übernommen werden. Deswegen muss noch ein KFA folgen.

Eigentlich war dieser KFA auch recht schnell gestellt. Aber: Zwischenzeitlich hatte ich gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid Klage eingereicht und das Gericht war nun der Auffassung, es brauche die Verfahrensakte der Untätigkeitsklage, um die neue eingereichte Klage gegen die Versagung der Pflegestufe bearbeiten zu können. Wieso, ist mir offen gesagt nicht ganz klar, denn so spannend war die Untätigkeitsklage nicht.

Dann gibt es aber natürlich einen Haken: Wenn nämlich die Verfahrensakte der Untätigkeitsklage jetzt ganz woanders ist, nämlich bei der Akte des Hauptsache-Verfahrens, also so zwischen einem und zwölf Zimmern weiter im Gericht, kann das Gericht, also am ehesten der bearbeitenden Rechtspfleger, natürlich nicht den Kostenfestsetzungsantrag bearbeiten. Von Aktenkopien oder gar digitaler Aktenführung hält man in der Justiz noch nicht ganz so viel.

Immerhin, als ich dann nach einigen Monaten höflich nachfragte, was denn mein KFA so mache, forderte der Sachbearbeiter die Akte an. Er schrieb also dem Richter (ein bis zwölf Zimmer weiter) einen höflichen Brief und bat um Rückgabe der Akte. Leider benötigte der Richter die Akte noch, sie war „nicht abkömmlich“. Ich ging etwas naiv davon aus, dass die Akte dem Rechtspfleger dann bei „Abkömmlichkeit“ schon vorgelegt und der KFA beschieden würde.

Etwa drei Monate später fragte ich erneut an. Der wackere Sachbearbeiter forderte die Akte erneut an. Diesmal erlebte der KFA aber bereits sein erstes großes Abenteuer: Er war nämlich mit seiner Bruder-Akte vom Hauptsache-Verfahren zu einem Sachverständigen gereist, der meine Mandantin untersuchen sollte. Die Akte war quasi auf einem Familienausflug irgendwo in einer Arztpraxis oder einem Krankenhaus in diesem Land. Folgerichtig konnte der KFA natürlich weiter nicht bearbeitet werden, Sie wissen schon: Aktenkopien oder digitale Aktenführung gibt es nicht…

Und so sitzen wir, bei einem Kaffee und einem guten Stück Kuchen (wenn nicht selbst gebacken, empfehle ich übrigens Auffenberg) und vermissen ein wenig den Hauptakteur der Geburtstagsfeier…

Ach so: Was hat das jetzt mit sicherer Kapitalanlage zu tun? Nun ja Schuldner ist eine Kranken- bzw. Pflegekasse, der ich grundsätzlich Liquidität unterstelle. Die irgendwann mal festgesetzte Summe wird mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Antragseingang verzinst (§ 197 Abs. 1 SGG, § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Zumindest wenn man das beantragt, was ich immerhin getan habe. Bei einem negativem Basiszinssatz  von -0,88% ergibt das immerhin 4,12% Zinsen p.a. Bei nahezu sicherer Anlage dürfte das mehr sein, als man auf dem Kapitalmarkt derzeit rausholen kann. Wenn man dann noch wegen der überlangen Bearbeitungsdauer zwischenzeitlich förmlich eine Verzögerungsrüge einlegt kann man sich (bzw. der Mandantin) einen Bonus von bis zu 100,-€ pro Monat der Verzögerung sichern. So betrachtet, ist das natürlich großartig, wenngleich die praktische Umsetzung der Entschädigungsleistung dann wieder eine andere Baustelle ist.

Kategorie: Allgemein ·Unterhaltung | von: Guido C. Bischof
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