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Arbeitsrecht

PTBS als Berufskrankheit oder „Wie-Berufskrankheit“ im Rettungsdienst

Nach einer aktuellen Entscheidung des Sozialgerichts Stuttgart kann eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bei Rettungsdienst-Mitarbeitern nicht als Berufskrankheit oder „Wie-Berufskrankheit“ anerkannt werden. Der Kläger, als „Rettungssanitäter“ bezeichnet, hatte angeführt er habe nach Einsätzen bei einem Amoklauf und zwei Suiziden von Jugendlichen eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Er verlangte von der gesetzlichen Unfallversicherung (Berufsgenossenschaft) die Anerkennung als Berufskrankheit.

Das besondere rechtliche Problem liegt darin, dass als Berufskrankheit grundsätzlich nur eine sogenannte „Listen-Erkrankung“ in Betracht kommt (§ 9 SGB 7). Als Berufskrankheit werden danach zunächst nur  Erkrankungen anerkannt,  „die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt“. Etwas zynisch gesagt, wird durch die Bundesregierung festgelegt, woran man beruflich erkranken darf.

Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) oder posttraumatische Belastungsreaktion (PTBR) ist dort, zumindest für Rettungsdienst-Mitarbeiter, nicht erfasst.

Der derzeit einzig mögliche Ausweg wäre dann die Feststellung als „Wie-Berufskrankheit“. Die Berufsgenossenschaft muss nach § 9 Abs. 2 SGB 7 eine Krankheit, die keine „Listen-Erkrankung“ ist, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Berufskrankheit vorliegen.

Was sich theoretisch gut anhört, ist praktisch häufig sehr schwierig. Der Nachweis der Erkrankung, z. B. an PTBS, ist nur der erste Schritt. Zudem müssen wissenschaftliche  Erkenntnisse vorliegen, dass die  Berufsgruppe besonderen krankmachenden Einwirkungen in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt ist und es müssen medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse über das Bestehen einer Einwirkung- und Verursachungsbeziehung vorliegen.

Während man mit „gesundem Menschenverstand“ eine besondere psychische Belastung von Rettungsdienst-Personal kaum verneinen können wird, sieht dass das Sozialgericht Stuttgart anders:

Nach den Ermittlungen des Sozialgerichts seien derart neue medizinische Erkenntnisse hinsichtlich der Verursachung der PTBS durch psychisch belastende Tätigkeiten bei Rettungssanitätern, Polizisten, Feuerwehrleuten und Entwicklungshelfern in Krisengebieten, nicht gegeben.

Daneben sei

bei der Beobachtung von Einwirkungen auf Dritte, wenn der Versicherte nicht selbst von Einwirkungen betroffen gewesen sei, als Anknüpfungspunkt für die Bejahung des Ursachenzusammenhangs ein enger personaler Bezug zu verlangen.

Kurz gesagt: Psychisch belastende Tätigkeiten im Rettungsdienst, zumal bei Patienten ohne „engen personalen Bezug“ führen gar nicht zur PTSB.

Da bin ich ja froh! Die Entscheidung ist immerhin noch nicht rechtskräftig, ich habe allerdings wenig Hoffnung, dass das Landessozialgericht die Sache anders entscheidet.

(Quelle: Pressemitteilung des Sozialgerichts Stuttgart vom 2. August 2019, dort Ziffer VI. 1)

 

Kategorie: Arbeitsrecht ·Rettungsdienst-Recht | von: Guido C. Bischof

Geschützt: 7. Symposium Leitstelle aktuell – Präsentation Workshop Arbeitsrecht

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Neues zum Thema Urlaub: Kein automatischer Verfall mehr, Urlaub für Erben, Urlaubsabgeltung

Zahlreiche rechtliche Neuerungen haben sich in jüngester Zeit zum Thema Urlaub ergeben, unter anderem gibt es keinen automatischen Verfall mehr am 31. März. Ein kurzer Überblick:

 

Urlaub verfällt nicht mehr automatisch

Nach neuerer Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verfällt zumindest der gesetzliche Mindesturlaub nicht. Praktisch bedeutet dies, dass Mitarbeitende ihren Urlaub aus dem Vorjahr auch noch nach dem 31. März nehmen können (EuGH, Urteil vom 06. November 2018, C-619/16).

Will der Arbeitgeber dies verhindern, muss er den Ar­beit­neh­mer recht­zei­tig und klar dazu auffordern, Urlaub zu nehmen. Der Betrieb muss zudem mit­teilen, dass der Ur­laub ansonsten verfällt. Der Ar­beit­ge­ber muss die Ar­beit­neh­mer auch darüber in­for­mie­ren, dass sie kei­nen An­spruch auf ei­ne fi­nan­zi­el­le Abgeltung für den nicht genommenen Urlaub haben (Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 19. Februar 2019, 9 AZR 541/15).

Sinnvoll wird ein solcher Hinweis durch den Arbeitgeber nur sein, wenn er schriftlich und nachvollziehbar erfolgt. Der Arbeitgeber muss ggf. später den entsprechenden Hinweis beweisen können

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Wann muss ich mein Weihnachtsgeld zurückzahlen?

Der Fachkräftemangel fördert die Gedanken mancher Arbeitnehmer, den Arbeitgeber zu wechseln.  Dann stellt sich auch die Frage: Muss ich mein Weihnachtsgeld zurückzahlen, wenn ich kündige?

Keine grundsätzliche Pflicht zur Rückzahlung

Zunächst existiert keine grundsätzliche Pflicht, ein Weihnachtsgeld zurückzuzahlen. Eine Kündigung führt also nicht automatisch zum Verlust des Weihnachtsgeldes. Egal ist dabei weitgehend, ob das Weihnachtsgeld anders genannt wird, etwa Jahresgratifikation, Jahresendzahlung oder Prämie. Allerdings kann eine Verpflichtung zur Rückzahlung an den Arbeitgeber bestehen, wenn dies entsprechend vereinbart wurde. Eine entsprechende Rückzahlungsklausel kann sich zum Beispiel im Arbeitsvertrag, aber auch in einer Betriebsvereinbarung oder dem Tarifvertrag finden.

Gibt es keine Rückzahlungsvereinbarung darf der Arbeitnehmer das Weihnachtsgeld behalten, auch wenn der Mitarbeiter selbst kündigt.

Rückzahlungsklausel kann unwirksam sein

Auch wenn es eine Rückzahlungsklausel gibt, kann diese unwirksam sein. Trotz der entsprechenden Vereinbarung kann dann der Arbeitgeber keine Rückzahlung des Weihnachtsgeldes verlangen.

Eine Rückzahlungsklausel kann zum Beispiel unwirksam sein, wenn der Arbeitgeber einen zu langen Zeitraum für den Verbleib im Unternehmen festgelegt hat. Bei einem Weihnachtsgeld bis zu einem Monatsgehalt darf der Arbeitgeber eine Frist von höchstens bis zum 31. März des nächsten Jahres für die weitere Betriebszugehörigkeit zulässig. Insofern kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Kündigung an, sondern nur darauf, wann das Arbeitsverhältnis endet.

Kündigt der Arbeitnehmer also zum 31. März des Folgejahres, kann er das Weihnachtsgeld behalten.

Ist das Weihnachtsgeld höher als ein Monatsgehalt kann die entsprechende Frist bis zum 31. Juni des Folgejahres bestehen.

Weitere Aspekte der Rückzahlungspflicht

Für die Verpflichtung zur Rückzahlung kommt es auch darauf an, ob das Weihnachtsgeld einen „Entgeltcharakter“ haben sollte. Dies ist der Fall, wenn das Weihnachtsgeld auch als Entlohnung für bereits geleistete Dienste gezahlt wird oder als Prämie für den Unternehmenserfolg, also für bereits vergangene Zeiten. Liegt ein solcher „Entgeltcharakter“ vor, ist eine Rückforderung ausgeschlossen.

Die Rechtsprechung zur Rückzahlungsverpflichtung beim Weihnachtsgeld ist sehr umfassend. Sinnvoll ist es im Zweifelsfall,  das Rückzahlungsverlangen rechtlich prüfen zu lassen.

Rechtliche Probleme  im Arbeitsrecht? Nehmen Sie gerne Kontakt auf!

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Artikel „Was ist bei der Überlassung von Dienstfahrzeugen zu beachten?“, Rettungsdienst 7/2018

Titelbild Rettungsdienst 7/2018, Quelle: S&K-Verlag

Titelbild Rettungsdienst 7/2018, Quelle: S&K-Verlag

 

In der Ausgabe 7/2018 der Zeitschrift „Rettungsdienst“ aus dem S&K-Verlag findet sich mein Artikel

 

„Was ist bei der Überlassung von Dienstfahrzeugen zu beachten?“.

 

Kann Rettungsfachpersonal einen Patienten aufklären?

…ist die Überschrift und Fragestellung eines Kurzbeitrags, den ich auf der Seite des S&K-Verlags veröffentlicht habe:

 

https://www.skverlag.de/rettungsdienst/meldung/newsartikel/kann-rettungsfachpersonal-einen-patienten-aufklaeren.html

Rechtliche Aspekte der Rettungsdienst-Ausbildung – Vortrag auf dem 4. Symposium Lernfeld Rettungsdienst

Die Folien meines Vortrages beim 4. Symposium Lernfeld Rettungsdienst zu ausgewählten rechtlichen Aspekten der Rettungsdienst-Ausbildung  stehen für alle Interessierten hier zum Download bereit:

2018-04-17 Rechtsfragen Bischof

An dieser Stelle nochmals meinen Dank an alle Teilnehmenden und den S&K-Verlag, es hat mir viel Freude bereitet.

Wann ist eine fristlose Kündigung wirksam?

Im Arbeitsrecht muss eine fristlose Kündigung stets das letzte Mittel sein. Der Arbeitgeber muss vor der Kündigung alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigen und sowohl seine Interessen, als auch die des Arbeitnehmers berücksichtigen.

Was das konkret bedeutet, will ich hier etwas ausführen. Vorab: Oftmals halten fristlose Kündigungen nicht vor dem Arbeitsgericht, da die Hürden höher sind, als der Arbeitgeber es sich wünscht.

Kündigung-Gründe

Rechtlich betrachtet, muss zunächst überhaupt ein ausreichender Kündigungsgrund vorliegen. Ein Kündigungsgrund kann zum Beispiel im Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Dies können Minderleistung, Beleidigungen, unentschuldigtes Fehlen und einiges Mehr sein. Auch andere Sachverhalte kommen als Kündigungsgründe in Betracht. Eine abschließende Aufzählung ist fast unmöglich. Zur Beurteilung, ob ein Kündigungsgrund vorliegt,  muss häufig auf ähnliche Fälle aus Gerichtsentscheidungen zurückgegriffen werden. Um einen groben Überblick zu bekommen, lohnt ein Blick in die Kategorie „Arbeitsrecht“ in diesem Blog.

Hohe Hürde: ultima ratio-Prinzip

Dann muss die fristlose Kündigung aber auch die einzige und letzte Möglichkeit des Arbeitgebers sein. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Termin der ordentlichen Kündigung bzw. -bei befristeten Verträgen- zum Vertragsende muss dem Arbeitgeber unzumutbar sein.

Eine außerordentliche Kündigung kommt deshalb nur in Betracht, wenn alle anderen, nach den jeweiligen Umständen möglichen und angemessenen milderen Mittel, zum Beispiel eine Abmahnung, Versetzung, einverständliche Abänderung des Arbeitsvertrages oder ordentliche Kündigung ausgeschlossen sind.

Hieran scheitert die Wirksamkeit von fristlosen Kündigungen sehr oft. Oftmals erfolgen Kündigungen durch den Arbeitgeber impulsiv ohne dass dieser Alternativen ernsthaft bedenkt.

Sowohl Arbeitgeber kann daher vor einer Kündigung nur dringend zur anwaltlichen Beratung geraten werden, Arbeitnehmer sollten einen Rechtsanwalt spätestens nach Erhalt der Kündigung konsultieren.

Fristen, Fristen, Fristen…

Der Kündigende, also in der Regel der Arbeitgeber, muss die Kündigung innerhalb von zwei Wochen erklären. Die Frist läuft ab dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber von dem Kündigungsgrund, etwa einem Fehlverhalten, Kenntnis hat. Die Kündigung muss dann binnen zwei Wochen dem Arbeitnehmer vorliegen. Es kommt auf den Zugang an, ein Versenden der Kündigung innerhalb der zwei Wochen reicht nicht aus.

Der gekündigte Arbeitnehmer hat dann regelmäßig nur drei Wochen Zeit nachdem er die Kündigung erhalten hat, um dagegen beim Arbeitsgericht Klage einzureichen. Insofern ist für beide Seiten auch der Faktor Zeit entscheidend.

Rechtliche Probleme mit einer Kündigung oder im Arbeitsrecht allgemein? Nehmen Sie gerne Kontakt auf!

 

Kategorie: Arbeitsrecht | von: Guido C. Bischof
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