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Wann ist eine fristlose Kündigung wirksam?
Im Arbeitsrecht muss eine fristlose Kündigung stets das letzte Mittel sein. Der Arbeitgeber muss vor der Kündigung alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigen und sowohl seine Interessen, als auch die des Arbeitnehmers berücksichtigen.
Was das konkret bedeutet, will ich hier etwas ausführen. Vorab: Oftmals halten fristlose Kündigungen nicht vor dem Arbeitsgericht, da die Hürden höher sind, als der Arbeitgeber es sich wünscht.
Kündigung-Gründe
Rechtlich betrachtet, muss zunächst überhaupt ein ausreichender Kündigungsgrund vorliegen. Ein Kündigungsgrund kann zum Beispiel im Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Dies können Minderleistung, Beleidigungen, unentschuldigtes Fehlen und einiges Mehr sein. Auch andere Sachverhalte kommen als Kündigungsgründe in Betracht. Eine abschließende Aufzählung ist fast unmöglich. Zur Beurteilung, ob ein Kündigungsgrund vorliegt, muss häufig auf ähnliche Fälle aus Gerichtsentscheidungen zurückgegriffen werden. Um einen groben Überblick zu bekommen, lohnt ein Blick in die Kategorie „Arbeitsrecht“ in diesem Blog.
Hohe Hürde: ultima ratio-Prinzip
Dann muss die fristlose Kündigung aber auch die einzige und letzte Möglichkeit des Arbeitgebers sein. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Termin der ordentlichen Kündigung bzw. -bei befristeten Verträgen- zum Vertragsende muss dem Arbeitgeber unzumutbar sein.
Eine außerordentliche Kündigung kommt deshalb nur in Betracht, wenn alle anderen, nach den jeweiligen Umständen möglichen und angemessenen milderen Mittel, zum Beispiel eine Abmahnung, Versetzung, einverständliche Abänderung des Arbeitsvertrages oder ordentliche Kündigung ausgeschlossen sind.
Hieran scheitert die Wirksamkeit von fristlosen Kündigungen sehr oft. Oftmals erfolgen Kündigungen durch den Arbeitgeber impulsiv ohne dass dieser Alternativen ernsthaft bedenkt.
Sowohl Arbeitgeber kann daher vor einer Kündigung nur dringend zur anwaltlichen Beratung geraten werden, Arbeitnehmer sollten einen Rechtsanwalt spätestens nach Erhalt der Kündigung konsultieren.
Fristen, Fristen, Fristen…
Der Kündigende, also in der Regel der Arbeitgeber, muss die Kündigung innerhalb von zwei Wochen erklären. Die Frist läuft ab dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber von dem Kündigungsgrund, etwa einem Fehlverhalten, Kenntnis hat. Die Kündigung muss dann binnen zwei Wochen dem Arbeitnehmer vorliegen. Es kommt auf den Zugang an, ein Versenden der Kündigung innerhalb der zwei Wochen reicht nicht aus.
Der gekündigte Arbeitnehmer hat dann regelmäßig nur drei Wochen Zeit nachdem er die Kündigung erhalten hat, um dagegen beim Arbeitsgericht Klage einzureichen. Insofern ist für beide Seiten auch der Faktor Zeit entscheidend.
Rechtliche Probleme mit einer Kündigung oder im Arbeitsrecht allgemein? Nehmen Sie gerne Kontakt auf!
Fristlose Kündigung wegen heimlichen Aufzeichnens eines Personalgesprächs
Fristlose Kündigungen halten relativ selten vor dem Arbeitsgericht. Eine solche fristlose Kündigung (oder „außerordentliche Kündigung“) muss immer das letzte Mittel, die ultima ratio des Arbeitgebers sein. Sehr oft ist dieses Kriterium nicht erfüllt. Die Kündigungen lassen sich dann vor dem Arbeitsgericht erfolgreich angreifen.
Das Landesarbeitsgericht Frankfurt am Main hat in zweiter Instanz allerdings eine fristlose Kündigung bestätigt, nachdem ein Arbeitnehmer ein Personalgespräch mit seinem Smartphone aufgezeichnet hat. Zu dem Personalgespräch war es gekommen, da der Arbeitnehmer sich in einer eMail über Kollegen beschwert hatte. Das heimliche Mitschneiden des Personalgesprächs verletzte das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gesprächsteilnehmer nach Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 1 Abs. 2 GG.
Obwohl der Arbeitnehmer seit 25 Jahren im Betrieb war, sah das Landesarbeitsgericht die außerordentliche Kündigung als berechtigt an. Der Arbeitnehmer hätte darauf hinweisen müssen, dass die Aufnahmefunktion aktiviert war, ein heimliches Aufnehmen stelle einen schwerwiegenden Vertrauensbruch dar. Das Arbeitsverhältnis sei außerdem schon durch die E-Mail beeinträchtigt gewesen, mit der Kollegen beleidigt worden waren.
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(Landesarbeitsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 23. August 2017, 6 Sa 137/17)
Mythen im Arbeitsrecht: Keine Kündigung während der Krankschreibung
Gelegentlich versuchen sich Arbeitnehmer vor einer drohenden Kündigung durch eine Krankschreibung „zu retten“. Die Idee ist, dass während einer Erkrankung eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht möglich ist. Gelegentlich gehen auch Arbeitgeber hiervon aus.
Diese Annahme ist jedoch falsch.
Eine Krankschreibung hat auf die Möglichkeit einer Kündigung keinen Einfluss. Auch während der Arbeitsunfähigkeit kann sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag kündigen. Die Krankschreibung verlängert auch nicht den Lauf einer Kündigungsfrist.
Unter gewissen Umständen kann sogar eine Krankschreibung –wiederholt oder sehr langfristig- Grund für eine Kündigung sein. Falls tatsächlich der Arbeitgeber frühzeitig krankheitsbedingt kündigt, muss er unter Umständen trotz der Kündigung weiter Lohnfortzahlung leisten. Diese Regelung aus § 8 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz wurde eingeführt, damit sich Arbeitgeber nicht um die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall drücken können, indem sie eine Kündigung aussprechen.
Haben Sie Fragen zur Kündigung im Krankheitsfall oder zum Arbeitsrecht allgemein? Nehmen Sie gerne Kontakt auf!