Medizinrecht
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen: Feuerwehrbeamter muss an NotSan-Lehrgang teilnehmen
Ein Feuerwehrbeamter hatte vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen einstweiligen Rechtschutz verlangt, da er nicht an einem Notfallsanitäter-Ergänzungslehrgang teilnehmen wollte und negative Konsequenzen seines Dienstherrn fürchtete. Das Verwaltungsgericht lehnte eine entsprechende Anordnung im Eilverfahren ab.
Angeblich drohen keine Nachteile
Zum einen seien Nachteile oder Drohungen durch den Dienstherrn nicht ersichtlich. Ein entsprechender Beschluss käme daher nicht in Betracht. Wenn man den Antrag so versteht, dass sich der Feuerwehrbeamte gegen die Verpflichtung zur Teilnahme am Lehrgang wendet, sei auch dieser Antrag abzuweisen. Der Beamte habe nicht dargelegt, dass ihm durch die bloße Teilnahme am Ergänzungslehrgang ein Nachteil drohe. Insbesondere sehe der Gesetzgeber die Qualifikation nach dem Ergänzungslehrgang als gleichwertig einer Vollausbildung zum Notfallsanitäter an.
Der Volltext der Entscheidung findet sich hier.
Eigene Bewertung
Bei der Bewertung der Entscheidung sollte man bedenken, dass es sich um ein Verfahren im vorläufigen Rechtschutz handelt. Dabei prüft das Gericht nur relativ grob („summarisch“). Insbesondere die Ausführungen, durch die Teilnahme am NotSan-Lehrgang drohe kein Nachteil, sondern (allenfalls) durch eine folgende Verwendung als Notfallsanitäter, greifen erkennbar kurz. Es ist abzusehen, dass der Feuerwehrbeamte nach erfolgreicher Prüfung durch seinen Dienstherrn auch als Notfallsanitäter eingesetzt wird und somit im Dienst höheren Anforderungen und höheren (rechtlichen) Risiken ausgesetzt ist, als ein Rettungsassistent. Eigentlich wäre es wünschenswert, wenn Arbeitgeber oder Dienstherrn mehr Sensibilität zeigen, wenn Mitarbeiter vor diesen höheren Anforderungen und Risiken Respekt zeigen.
(Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Beschluss vom 6. Januar 2017, 12 L 2941/16)
Keine Verlängerung des Arbeitsvertrages eines NotSan nach erweiterten Massnahmen
Nachdem ein Notfallsanitäter (NotSan) einer Patientin nach telefonischer Rücksprache mit einer Krankenhausärztin ein Medikament verabreicht hatte, verweigerte der Arbeitgeber die Entfristung des Arbeitsvertrages. Das Arbeitsverhältnis endete daher zum Befristungsende.
Zu Recht, wie das Landesarbeitsgericht Schleswig Holstein in zweiter Instanz befand. Ausschlaggebend war dafür allerdings nicht die Medikamentengabe im engeren Sinne, sondern dass der Notfallsanitäter bei einem späteren Personalgespräch erklärt hat, sich auch künftig entgegen der Aufforderung seines Arbeitgebers nicht an die Empfehlungen der Bundesärztekammer halten zu müssen.
Die unterlassene Entfristung des vorher befristeteten Arbeitsvertages sei daher keine unzulässige Sanktion im Sinne des § 612 a BGB. Vielmehr beruhe diese auf einer Prognose des Arbeitgebers, dass sich der Notfallsanitäter auch zukünftig nicht an Weisungen halten werde. Daher sei die unterlassene Entfristung und damit faktisch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zulässig.
Die Entscheidung unterlässt leider jede kritische Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Arbeitgeber verlangen darf, dass sich Notfallsanitäter bzw. Rettungsassistenten auch im Jahre 2014 noch an die Notkompetenz-Empfehlung der Bundesärztekammer aus dem Jahr 2004 halten mussten. Auch Fragen der Garantenstellung und einer entsprechenden Handlungspflicht sind leider aus der Entscheidung ausgeklammert.
(Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 23. November 2016, Aktenzeichen 3 Sa 143/16)
Die neuen Pflegegrade – Broschüre
Seit dem 1. Januar 2017 gibt es in der Pflegeversicherung ein neues Einstufungssystem, statt der bisherigen 3 Pflegestufen gibt es nunmehr 5 Pflegegrade. Die Einstufung mag pflegewissenschaftlich präziser sein, das Verfahren ist aber auch nochmals deutlich komplizierter als vorher.
Der Arbeiter-Samariter-Bund in Bremen hat online und gratis die Broschüre
Voraussetzungen & Leistungen der Pflegeversicherung“
veröffentlicht, welche das neue Einstufungssystem und auch die Leistungen sehr schön und gut verständlich darstellt. Eine klare Empfehlung dafür.
Bezogen auf ein Klageverfahren nach negativem Widerspruch heißt es dort: „Auch wenn sich das Verfahren einige Monate hinziehen kann, so stehen die Chancen für einen Erfolg vor Gericht erfahrungsgemäß gut“. Dem kann ich nur vollständig zustimmen. Pflegebedürftige oder Angehörige sollten sich durch einen ersten negativen Bescheid der Pflegekasse nicht entmutigen lassen, auch nicht durch einen negativen Widerspruchsbescheid. Die Klärung im Sinne des Pflegebedürftigen braucht leider häufig das Klageverfahren und dort sollte man professionellen Beistand haben.
Landeseinheitliche SOP/SAA für NotSan in NRW?
Das nordrhein-westfälische Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter (MGEPA) hat am 13. Dezember 2016 „Standardisierte Arbeitsanweisungen (SAA)“ des Landesverbandes Ärztlicher Leitungen Rettungsdienst NRW bekannt gegeben. Diese sollen eine einheitliche Ausbildung an den Notfallsanitäterschulen in Nordrhein-Westfalen gewährleisten.
Damit liegen jedoch keine flächendeckende, für das Rettungsfachpersonal im Einsatz verbindliche SOP/SAA vor. Es handelt sich lediglich um Ausbildungsempfehlungen. SOP für den Rettungsdienst-Einsatz können bei der momentanen Rechtslagen nur von den jeweiligen Ärztlichen Leitungen Rettungsdienst vor Ort „erlassen“ werden (vgl. § 7 Abs. 3 RettG NRW).
Die SAA und das Schreiben des MGEPA stehen hier zum Download bereit:
(Rein vorsorglich: An den beiden Dokumenten besteht gemäß § 5 UrhG kein urheberrechtlicher Schutz. Auch sind sie bereits einem großem Personenkreis bekannt, so dass kein Geheimhaltungsbedürfnis besteht)
„Wenn der Patient nicht will – Was tun bei Transportverweigerung?
„Wenn der Patient nicht will – Was tun bei Transportverweigerung?“ ist der Titel meines Beitrages in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „retten! – Das Fachmagazin für den Rettungsdienst“ . Ich beschäftige mich dort mit Fragen wie: Darf der Patient überhaupt verweigern? Kann der Rettungsassistent oder Notfallsanitäter ihn über die Folgen aufklären? Was sollte ich dokumentieren? Bin ich mit einer Unterschrift des Patienten auf der sicheren Seite?
(retten! 2016; 5(04): 248-251
DOI: 10.1055/s-0042-114478)