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Drastische Erweiterung des Handy-Verbots am Steuer

4. Juli 2017 von: Guido C. Bischof

Die Benutzung eines Mobiltelefons am Steuer eines Kraftfahrzeuges ist schon seit längerem untersagt. Nun ist eine Änderung der Straßenverkehrsordnung geplant, die dieses Handyverbot drastisch erweitert.

Der Bundesrats-Drucksache 424/17  lässt sich entnehmen, dass die Nutzung aller elektronischen  Geräte „die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen oder zu dienen bestimmt sind“ verboten werden soll, außer: a) das Gerät muss nicht in der Hand gehalten werden und b) entweder eine Sprachsteuerung genutzt wird, oder man sich maximal eine Sekunde dem Gerät zuwendet.

Man mag an einen merkwürdig terminierten Aprilscherz glauben, leider ist es wahr. Die Grundidee „Augen auf die Straße“ halte ich ja für vollkommen richtig, aber:

1.

Wie bitte soll die Blickzuwendung von nicht länger als einer Sekunde effektiv kontrolliert werden? Heutige Ordnungswidrigkeitenverfahren sind ja schon teilweise sehr unterhaltsam bis abenteuerlich, wenn es um die Frage geht, ob das Handy denn tatsächlich aufgenommen wurde und ähnliches.

2.

Unter die Begriffdefinition „elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist“ fällt problemlos auch das Autoradio oder ein Navigationsgerät. Dies ergibt sich auch daraus, dass eine Rückfahrkamera ausdrücklich vom Verbot ausgenommen wird (§ 23 Abs. 1b  Satz 3 Nr. 1 des Entwurfs; ist die Nummerierung eigentlich ernst gemeint?) Wenn ich also beim Senderwechsel am Radio künftig länger als eine Sekunde brauche, kann mich das künftig 100,-€ kosten, denn der „Tarif“ im Bußgeldkatalog wird gleich miterhöht.

3.

Immerhin ist noch aufgefallen, das mit der beabsichtigten Änderung auch „berechtigter Gesprächsbedarf“ etwa von Teilnehmern des BOS-Funks (Feuerwehr, Rettungsdienste, Polizei und andere) oder gebotene Kommunikation über Betriebsfunk (ÖPNV, Straßenmeistereien) untersagt würde. § 35 Straßenverkehrsordnung soll daher ergänzt werden, dass ein BOS-Funkgerät in die Hand genommen werden darf, wenn kein Beifahrer vorhanden ist. Aber auch nur BOS-Geräte. Die 1-Sekunden-Regel bliebe bestehen, wenn man den Wortlaut Ernst nimmt…

4.

Der „Folgedrucksache“ 424/1/17   lässt sich dann auch eine sanfte Korrektur entnehmen:  Trommelwirbel bitte! Fest im Fahrzeug verbaute CB-Funkgeräte (!) dürfen bis zum Juli 2020 weiter genutzt werden. Ich gönne ja jedem sein Funkgerät, aber keine Ausnahme-Regelung für Betriebsfunk, eine merkwürdige anmutende Regelung für BOS-Funk und dann eine großzügige Übergangsregelung für CB-Funk? Rational kann ich mir das nicht erklären.

Ich kann mich als praktizierender Verkehrsrechtler unter Aspekten der Arbeitsbeschaffung eigentlich freuen. Die Regelungen sind derart ausgestaltet, dass sie einem Arbeitsbeschaffungspaket für Anwälte und andere Juristen gleichkommen. Aber regelmäßig wünsche ich mir etwas mehr vom Geiste  Montesquieus bei solchen Gesetzgebungsideen.

Kategorie: Verkehrsrecht
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