Kanzlei Bischof

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Grober Behandlungsfehler beim Krankentransport durch sitzende statt liegende Lagerung

19. Oktober 2018 von: Guido C. Bischof

Für die Notfallrettung und die Leitstellentätigkeit liegen Entscheidungen zum groben Behandlungsfehler schon vor. Das Oberlandesgericht Koblenz hat nun eine Entscheidung des Landgerichts Mainz bestätigt, dass erstmals auch einen groben Behandlungsfehler beim Krankentransport annimmt.

Was war passiert?

Die KTW-Besatzung sollte eine Patientin nach Knie-OP aus dem Krankenhaus nach Hause befördern. Auf der entsprechenden Verordnung war ein liegender Transport vorgesehen. Die Patientin selbst gibt an, auch sitzen zu können und wird so transportiert. Dabei wird das betroffene Bein mit einer Schiene und durch einen „Unterbau“ hochgehalten. An der Wohnung der Patientin angekommen wird sie in einem Rollstuhl (Tragestuhl?) die Treppe hochgetragen.

Soweit zunächst ein unauffälliger Krankentransport.

Allerdings hat die Patientin kurz nach Transportende Schmerzen und danach ein Gefühl der Instabilität im Knie. Es zeigt sich im weiteren Verlauf, dass das Knie erneut frakturiert ist. Es erfolgt eine weitere OP mit langdauernder Therapie.

Die Entscheidung des Gerichts

Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens bewertete das Gericht den sitzenden Transport der Klägerin als groben Behandlungsfehler. Angesichts der Verordnung eines liegenden Transports hätte kein sitzender Transport durchgeführt werden dürfen. Dies gelte auch, als die Rettungssanitäter am Ziel angekommen bemerkten, dass das Treppenhaus für einen liegenden Transport nicht groß genug war. Keinesfalls hätte die KTW-Besatzung einen sitzenden Transport durchführen dürfen, vielmehr hätte eine Rücksprache mit einem Arzt erfolgen müssen, wie der Transport im Treppenhaus nach oben erfolgen solle.

Das Landgericht hat den Träger des Rettungsdienstes zu 10.000,-€ Schmerzensgeld verurteilt.

Kurze Betrachtung

Die Annahme eines groben Behandlungsfehlers in diesem Fall erstaunt den rettungsdienstlichen Praktiker. Wenn man die Entscheidung vollständig Ernst nimmt, dürfte Rettungsdienst-Personal auch nicht kurzfristig aus angenommen guten Gründen von der verordneten Beförderungsweise abweichen. Vielmehr müsste dann Rücksprache mit einem Arzt genommen werden. Wörtlich aus dem Urteil „Das müssen nicht zwingend die Ärzte sein, die den Patienten vorbehandelt haben, jedenfalls aber Ärzte, die qualifiziert sind, um fachgerechte Anweisungen zu geben.“

Diese Forderung in der rettungsdienstlichen Praxis umzusetzen, dürfte spannend werden…

Zur Problematik des „groben Behandlungsfehlers“ und den rechtlichen Folgen habe ich hier bereits geschrieben.

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Volltext der Entscheidung: LG Mainz 2 O 368 15 Urteil vom 28. April 2017