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Betriebsrat in der Corona-Pandemie: Mustervereinbarung für Beschlüsse per Videokonferenz

Beschlüsse des Betriebsrates sind nur in Sitzungen des Betriebsrats möglich, Sitzung bedeutet persönliche Anwesenheit (§§ 30, 33 Betriebsverfassungsgesetz). In den aktuellen Zeiten der Pandemie sind allerdings klassische Betriebsratssitzungen mit persönlicher Anwesenheit eher keine gute Idee.

Videokonferenz als Alternative

Eine Telefonkonferenz scheidet aus, da diese nicht die Kriterien der „persönlichen Anwesenheit“ erfüllt. Rechtlich ist zumindest fraglich, ob eine Betriebsratssitzung zzumindest per Videokonferenz stattfinden kann. Explizit vorgesehen ist dies im Betriebsverfassungsgesetz nicht. Teilweise wird eine Videokonferenz für möglich gehalten, da sich die Teilnehmer, ähnlich wie in der Realität, unmittelbar sehen und miteinander sprechen können. Online gibt es eine Vielzahl von Anbietern von Videokonferenzen wie Skype, Microsoft Teams, Adobe Connect, Zoom oder zahlreiche andere.

Betriebsvereinbarung/Regelungsabrede zur Videokonferenz

Um die Situation einfacher zu gestalten, können Betriebsräte mit der anliegenden Mustervereinbarung mit dem Arbeitgeber eine Vereinbarung treffen, dass die Betriebsparteien Beschlüsse die durch eine Videokonferenz zustanden gekommen sind, untereinander gelten lassen.

Absolute Rechtssicherheit schafft auch diese Vereinbarung nicht. Klarheit wird man erst mit einer Gesetzesänderung oder einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Möglichkeit von Videokonferenzen haben. Allerdings wird es für Arbeitgeber und Betriebsrat schwieriger, sich auf eine Unwirksamkeit von Beschlüssen per Videokonferenz zu berufen.

Warum sollte der Arbeitgeber die Vereinbarung schließen?

Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bleiben aber auch in der momentanen Pandemie-Situation bestehen. Ausnahmevorschriften die die Beteiligung des Betriebsrates einschränken, sieht das Betriebsverfassungsgesetz auch in der momentanen Lage nicht vor. So kann zum Beispiel der Arbeitgeber Dienstpläne ohne wirksame Mitbestimmung des Betriebsrates nicht aufstellen (§ 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG).

Auch der Arbeitgeber muss also ein Interesse daran haben, dass der Betriebsrat handlungsfähig ist.

 

Ein Text für eine mögliche Vereinbarung findet sich hier als PDF: Pandemie Abrede Videokonferenz

Hinweis: Die Betriebsparteien sollten den Inhalt der Vereinbarung selbst kritisch rpüfen und sich vor Verwendung ggf. rechtlich beraten lassen.

Kategorie: Arbeitsrecht | von: Guido C. Bischof
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Facebook-Auftritt des Arbeitgebers kann „Überwachungsinstrument“ und damit mitbestimmungspflichtig durch Betriebsrat sein

Social-Media-Präsenz ist für viele Unternehmen eine Selbstverständlichkeit. Spannend ist in diesem Zusammenhangeine Entscheidung des Bundesarbeitsgericht: Danach kann die Facebook-Seite zu einer „Überwachungseinrichtung“ im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne werden – dann ist die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich.

Zum rechtlichen Hintergrund: Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG- hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern zu überwachen. Normaler Weise sind dies etwa Systeme zur Erfassung der Arbeitszeit, Videoüberwachung am Arbeitsplatz und ähnliche Einrichtungen.

In einem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenem Fall (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13. Dezember 2016, 1 ABR 7/15) hatte ein Arbeitgeber eine Facebook-Seite eingerichtet. Facebook-Nutzer konnten dort Beiträge posten. Einige User hatten sich dann negativ über Arbeitnehmer geäußert.

Durch diese Beiträge wird dem Arbeitgeber aber möglich, Informationen über die Leistung bzw. das Verhalten einzelner Arbeitnehmer zu sammeln. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts liegt damit eine technische Einrichtung zur Überwachung von Verhalten oder Leistung von Arbeitnehmern vor. Entsprechend war der Betrieb der Seite nicht ohne Zustimmung des Betriebsrats möglich.

Dem Bundesarbeitsgericht ging es bei der Entscheidung ausdrücklich um die Möglichkeit, dass Besucher der Facebook-Seite dort eigene Beiträge hinterlassen konnten. Facebook-Seiten von Arbeitgebern ohne diese Möglichkeit dürften momentan betriebsverfassungsrechtlich noch unbedenklich sein. Indes würde mit einem Kommentar unter einem Beitrag auf der Facebook-Seite des Arbeitgebers eine sehr ähnliche Situation geschaffen. Hierzu hat sich zumindest das Bundesarbeitsgericht bislang noch nicht geäußert.

Kategorie: Arbeitsrecht | von: Guido C. Bischof
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Freistellung für Betriebsrats-Sitzung vor oder nach der Nachtschicht

Mitglieder eines Betriebsrats haben Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit, wenn dies für ihre Tätigkeit als Betriebsrat erforderlich ist (§ 37 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz -BetrVG-). Prüfung

Was ist aber, wenn notwendige Betriebsratstätigkeit, etwa Sitzungen, zwar nicht während der Arbeitszeit anfällt, sondern unmittelbar davor oder danach? So sind z. B. morgendliche Betriebsratssitzungen, die nach einer Nachtschicht stattfinden, eine häufige Situation insbesondere im Rettungsdienst oder in der Pflege.

Eine neue Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts bringt hier Klarheit: Dem Betriebsratsmitglied steht eine elfstündige Ruhezeit zwischen der Sitzung und der Arbeitstätigkeit zu. Das heisst, das Mitglied des Betriebsrates darf seine Nachtschicht eher beenden um eine Ruhezeit vor der Betriebsratssitzung zu haben.

Der Arbeitgeber hat dennoch den vollen Lohn für die Nachtschicht zu zahlen, den Arbeitnehmer also so zu behandeln, als hätte er gearbeitet.

Dies dürfte nach hiesiger Auffassung auch gelten, wenn während der Nachtschicht zu einem gewissen Teil Arbeitsbereitschaft mit Ruhemöglichkeit anfällt. Diese ist regelmäßig dennoch als Arbeitszeit zu werten.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Januar 2017 – 7 AZR 224/15).

Kategorie: Arbeitsrecht ·Rettungsdienst-Recht | von: Guido C. Bischof
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